CHRISTIAN BUSSJENSEITS VON SÜDAFRIKA
: White Trash Fast Food

Der Titel könnte das etwas ältere deutsche Publikum in die Irre führen: Bei der Produktion „Eine amerikanische Familie“, die Sonntag auf Arte läuft, handelt es sich nicht um das ab Mitte der Siebziger entstandene gleichnamige Endlosmittelstandsdramolett mit Kristy McNichol, sondern um eine ganz aktuelle Momentaufnahme aus dem düsteren sozialen Herzen der USA.

Wo im Fernsehklassiker ein gutgestellter Anwalt seinen halbwüchsigen Nachwuchs auf die rechte Bahn zurückbringt, da kämpft in der mit Preisen überhäuften Doku aus dem Jahr 2009 ein traumatisierter Vietnamveteran sehr viel verzweifelter darum, seiner Familie ein wenig Restwürde zu sichern.

Seit er Ende der Sechziger aus Übersee zurückgekehrt ist, hat sich Don Mosher „verhärtet“ – so jedenfalls beschreibt seine Frau Dotti die einstige Verwandlung ihres Ehemanns. Trotzdem: Wenn der Patriarch Kette rauchend seinen vier Generationen umfassenden Lowlife-Haushalt über die Runden zu bringen versucht, kann man ihm eine gewisse Leidens- und Liebesfähigkeit nicht absprechen. Viel ist zu tun: Die Tochter geriet einst an einen Schläger und hat mit ihm zwei Kinder zur Welt gebracht, die Enkelin tat es ihr gleich und hat jetzt ebenfalls Nachwuchs. Außerdem ist da noch ein Pflegesohn, der immer wieder die Familie ausraubt.

Bei diesem Film könnten die RTL-Doku-Soap-Kader, wenn sie denn wollten, eine Menge lernen. Das gesamte Elend der Moshers wird hier vorgeführt. In grandiosen, manchmal gar poetischen Close-ups wird die Kentucky-Fried-Chicken-Tristesse eingefangen, ohne je die Solidarität dieser Verlierer des amerikanischen Traums in Frage zu stellen.

Das hat natürlich auch mit den Machern zu tun: Regie führte neben Michael Palminieri der Mosher-Sohn Donal, der es als Fotograf aus dem hart-herzlichen White-Trash-Alltag seines Clans herausgeschafft hat.

„Eine amerikanische Familie“, Sonntag, 23.25 Uhr, Arte