Drogenboss „Dudus“ Coke in Jamaika festgenommen

KARIBIK Der berüchtigte Bandenchef hatte erst im vergangenen Monat in der Hauptstadt Kingston bürgerkriegsähnliche Unruhen ausgelöst, als die Polizei ihn abholen wollte. Dabei waren 76 Menschen getötet worden. Jetzt droht ihm die Auslieferung in die USA

KINGSTON apn/afp | Jamaikanische Polizisten haben am Mittwoch einen der berüchtigtsten Drogenhändler und Bandenführer des Karibikstaats verhaftet. Das teilte Polizeichef Owen Ellington mit. Der 42-jährige Christopher „Dudus“ Coke sei an einem Straßenkontrollpunkt nahe Kingston entdeckt worden. Ein Vertrauter Cokes, Pfarrer Al Miller, sagte, der Drogenboss sei auf dem Weg zur US-Botschaft gewesen, wo er sich amerikanischen Marshals habe stellen wollen.

Im vergangenen Monat hatte ein Versuch, Coke in einem von ihm kontrollierten Slum festzunehmen, zu bürgerkriegsähnlicher Gewalt geführt. 76 Menschen wurden bei Schießereien getötet. Anfang Juni war bereits der Bruder Cokes festgenommen worden. Leighton „Livity“ Coke stellte sich der Polizei. Auch er stand auf der Liste der Meistgesuchten. Das US-Justizministerium bezeichnete Christopher „Dudus“ Coke als einen der „weltweit gefährlichsten“ Drogenbarone. Coke soll seit 1990 einen international agierenden Drogenring namens The Shower Posse anführen, der laut US-Ermittlern Marihuana und Crack vor allem in den Großraum New York liefert.

Miller, auf dessen Vermittlung hin sich kürzlich bereits Cokes Bruder der Polizei gestellt hatte, sagte, der Gesuchte habe sich den Behörden in der US-Botschaft in Kingston stellen wollen, als er von der Polizei angehalten worden sei. Gegen Coke wird in New York wegen Drogen- und Waffenschmuggels ermittelt. Im Fall eines Schuldspruchs droht ihm lebenslange Haft. Bereits sein Vater, Jim Brown, war Boss einer Drogenbande und kam 1992 bei einem Gefängnisbrand ums Leben, als er auf seine Auslieferung in die USA wartete.

Polizeichef Ellington spielte darauf an, indem er „Familie, Freunden und Sympathisanten“ Cokes versicherte, es werde alles getan, um die Sicherheit des Drogenbarons in der Haft zu gewährleisten. Das Verfahren gegen Coke solle schnellstmöglich in Gang kommen.

Der jamaikanische Ministerpräsident Bruce Golding hatte neun Monate einen Auslieferungsantrag der USA blockiert. Erst unter zunehmendem öffentlichem Druck, der seine politische Karriere zu gefährden drohte, schwenkte Golding um. Anfang des Monats überstand er ein Misstrauensvotum.

Politik und organisiertes Verbrechen waren in Jamaika in den 70er und 80er Jahren eng verschlungen. Die beiden großen Parteien sollen bewaffnete Banden in den Elendsvierteln unterstützt haben, wofür diese bei Wahlen Wähler einschüchterten. Später spezialisierten sich die Banden auf Drogenschmuggel und Erpressung.