Apfel abgefallen

ENDE Holger Apfel hat seinen Job als NPD-Chef hingeschmissen und ist aus der Partei ausgetreten. Im Netz kursieren Todeswünsche

Angeschlagene Boxer sind am gefährlichsten

KERSTIN KÖDITZ, LINKE SACHSEN

VON ANDREAS SPEIT

HAMURG taz | Selbstmordempfehlungen und Verunglimpfungen. Seit dem Weihnachtsabend hält im Internet die Hetze gegen den ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel an. Nachdem am 24. Dezember Apfels Parteiaustritt bekannt geworden war, trat der 42-Jährige am Donnerstag auch von seinem Fraktionsvorsitz im Dresdner Landtag zurück. Damit dürfte Apfel einem Ausschluss aus der Partei zuvorgekommen sein.

Auf Facebook empfahl der NPD-Kader Michael G. aus Sachsen-Anhalt seinem Exparteichef wörtlich: „Der einzige Rat, den ich dem geschiedenen Parteivorsitzenden Holger Apfel auf den Tisch legen würde, besteht aus einer Pistole und exakt einer Kugel.“ Ein anderer kommentierte: „Gefällt mir.“ Auf dem Szeneportal Altermedia wird Apfel, der 24 Jahre in der NPD war, noch ohne Todeswunsch angegangen. „Ist das die ‚frohe Botschaft‘, von der man um die Weihnachtszeit immer so viel hört?“, heißt es dort höhnisch. „Ist doch die beste Nachricht des Jahres!!!“, lautet die Antwort. Außerdem: „Wurde auch Zeit, dass wir diesen faulen ‚APFEL‘ endlich los sind“. Am Sonntag hatte das Parteipräsidium Apfel noch aufgefordert, „Verfehlungen in der Vergangenheit“ lückenlos aufzuklären. Apfel sollte einen „umfangreichen Fragenkatalog“ beantworten. Mit seiner Erklärung, er sei aus „Krankheitsgründen“ zurückgetreten, könne er nur einen „Teil der Wahrheit“ gesagt haben. In einem Brief an das Präsidium der Partei, die nun kommissarisch von Udo Pastörs geleitet wird, soll Apfel seine Entscheidung dargelegt haben. Sein Landtagsmandat will Apfel nicht abgeben. Seit 2004 ist er für die NPD im Dresdener Landtag. Auf Altermedia wird der Grund zynisch angedeutet. „Na ja, wir haben ihm ja wenigstens ab dem 55. Lebensjahr eine anständige Altersversorgung besorgt.“

Seit vergangener Woche wabert durch Partei und Presse der vermeintliche Vorwurf eines sexuellen Übergriffs auf einen Wahlkampfhelfer beim letzten Bundestagswahlkampf. Apfel hat diese Vorwürfe indirekt abgestritten und spricht von „ehrverletzenden Verleumdungen“. Diese seien „zwar haltlos“, so Apfel. Aber ihm sei bewusst, dass er diesen „Makel nicht losbekommen“ werde. In seiner Erklärung zum Parteiaustritt führte Apfel zudem an, sich an nichts erinnern zu können, weil er alkoholisiert war.

Bis zur Neuwahl eines Fraktionsvorsitzenden im sächsischen Landtag wird der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johannes Müller „die Aufgabe“ wahrnehmen, heißt es auf der Webseite der Landtagsfraktion. „Angeschlagene Boxer sind am gefährlichsten“, warnt indes Kerstin Köditz von der Linksfraktion in Sachsen. Apfel habe für die Arbeit der NPD-Fraktion seit Monaten keine Rolle mehr gespielt, sagte sie der taz. Für einen möglichen Wiedereinzug seien „jene Akteure wichtiger, die die rassistische Welle in Sachsen“ vorantreiben. „2004 ist die NPD nicht wegen Apfel gewählt worden, sondern wegen Hartz IV“, so Köditz. Am 31. August sind in Sachsen Landtagswahlen. Die NPD hofft auf einen Landtagseinzug – zum dritten Mal in Folge.