Auf der Suche nach Verantwortlichen

AUFARBEITUNG Nach der Demonstration und den Ausschreitungen wird über die Deutungshoheit debattiert

Nach der Demonstration am Samstag wird nun über die Deutung der Ereignisse diskutiert. Das Netzwerk „Recht auf Stadt“ schreibt in einer Stellungnahme, dass mit dem Stopp der Demo durch die Polizei nach wenigen Metern das „Grundrecht auf Versammlungsfreiheit suspendiert“ worden sei und sprach von einer „Putinisierung der Politik“, die „die Kritiker der Senatspolitik mit willkürlicher Polizeigewalt politisch demütigt“.

Auch Andreas Beuth, einer der Anwälte der Roten Flora, machte die Polizei für die Eskalation mitverantwortlich. Die erste Reihe des Protestzugs sei zu Beginn „völlig friedlich bis auf etwa einen halben Meter an die Polizei rangegangen“, sagte Beuth. „Dann ging die Gewalt von der Polizei aus.“ Das rechtfertige nicht die anschließenden Krawalle, aber die Polizei habe die Situation provoziert. Innensenator Michael Neumann (SPD) wies die Vorwürfe zurück. „Die Verantwortung tragen allein die Kriminellen“, sagte er dem NDR.

Björn Werminghaus, der stellvertretende Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Hessen, twitterte am Sonntag, in Hamburg seien „ja auch keine Demonstranten, sondern gewalttätiger Abschaum“ am Werk gewesen. Kommentieren wollte er seine Aussage nicht, bestätigte jedoch, dass er der Urheber des Tweets sei. Noch in der Nacht zu Montag hat er sein Profil beim sozialen Netzwerk deaktiviert.

Das sei „nicht der Sprachgebrauch der DPolG“ und der „Kollege Werminghaus bedauert seine Aussage ausdrücklich“, sagte Rainer Wendt, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft, der taz. Die „historisch belastete Formulierung“ sei aber Folge eines „verständlichen Zustands der Empörung“, denn „selbstverständlich handele es sich nicht um Demonstranten, sondern um Gewalttäter“, sagte Wendt.

Christoph Twickel vom Netzwerk „Recht auf Stadt“ sprach von einer „traurigen Realität deutscher Polizeigewerkschaften“. Die Aussage von Werminghaus passe zu der Einsatzstrategie der Hamburger Polizeiführung, die „gezielt Krawallbilder produzieren wollte, um den politischen Forderungen die Legitimität abzusprechen“.  ERIK PETER