Der erschossene Doppelmörder

An Ronnie Lee Gardners Taten gab es nie große Zweifel, dennoch lässt sein Fall das US-Justizsystem fragwürdig erscheinen. 1984 tötete Gardner im religiös-konservativen US-Bundesstaat Utah einen Barkeeper. Auf dem Weg zum daraus resultierenden Mordprozess in Salt Lake City erschoss er 1985 bei einem Fluchtversuch einen Anwalt. Auch einen Gerichtsdiener verletzte Gardner schwer, bevor er selbst angeschossen und wieder gefangen wurde. Später wurde er zum Tode verurteilt. Am Freitag wurde der inzwischen 49-Jährige von einem fünfköpfigen Exekutionskommando erschossen.

Gardner selbst hat die US-amerikanische Debatte über die Todesstrafe mit dem nicht näher begründeten Wunsch befeuert, erschossen statt wie heute üblich per Giftspritze hingerichtet zu werden. Das war nur noch möglich, weil das 2004 geänderte Gesetz zur Giftspritze nicht rückwirkend gilt.

So schuf sich Gardner, dessen rechtliche Einsprüche und Gnadengesuche immer wieder abgelehnt worden waren, jetzt große Aufmerksamkeit. Denn selbst Befürwortern der Todesstrafe ist die als barbarisch und längst überholt geltende Hinrichtungsart des Erschießens so peinlich wie die Tatsache, dass der Todeskandidat fast 25 Jahre auf seine Hinrichtung warten musste.

Nach Meinung von Gardners Anwälten hat der Kleinkriminelle aus zerrütteten Familienverhältnisse nie einen fairen Prozess gehabt. Als ihn 1982 ein Geschworenengericht zum Tode verurteilte, wurde er nur von Pflichtverteidigern vertreten. Von den damals zwölf Geschworenen distanzierten sich sogar später drei von ihrem Todesurteil. Nach Meinung der Anwälte wurde nie ausreichend berücksichtigt, dass Gardners Jugend von einer geistigen Behinderung, schwerem Missbrauch und Drogensucht gekennzeichnet war. Zwar beschrieb ein Psychologe Gardner auch als „charmant“, doch war er wohl auch Opfer eines fragwürdigen Systems, das selbst dazu beitrug, dass Menschen zu solchen Tätern wie Gardner werden.

Ein Justizsprecher nannte die an Gardner vollzogene Art der Exekution „ungewöhnlich“. Aber: „Sie wurde professionell durchgeführt.“ SVEN HANSEN

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