Millionen, die künftig dem System Schiene fehlen

SPAREN Die Bahn soll Dividende an den Bund zahlen. Plan stößt auf Kritik – nur nicht im Unternehmen

BERLIN taz | Jahrzehntelang galt die Deutsche Bahn als Subventionsempfänger schlechthin – aber jetzt soll das bundeseigene Unternehmen Gewinne für seinen Eigentümer, den Bund, abwerfen. So sehen es die Sparbeschlüsse der schwarz-gelben Bundesregierung vor, die ab 2011 jährlich 500 Millionen Euro an Dividende einsacken will.

Trotz Krise hat die Bahn im vergangenen Jahr einen operativen Gewinn – vor Steuern und Zinsen – in Höhe von 1,7 Milliarden Euro eingefahren, und das, obwohl der Umsatz um mehr als 12 Prozent sank. Die Forderung nach einer Dividende stößt bei der Bahn auf Verständnis. Es sei ein normaler Vorgang, dass ein Eigentümer einen Teil der Gewinne seines Unternehmens haben wolle, sagt ein Bahnsprecher. „Wir verschließen uns dem nicht.“ Im Übrigen würden alle Ankündigungen, Züge zu sanieren oder neu zu kaufen, eingehalten werden. Aber nun könne der Schuldenabbau etwas langsamer vorangehen.

Allerdings will der Bund nicht nur eine halbe Milliarde Euro an Dividende haben – jährlich steckt er auch Milliarden in die Bahn: für Erhalt und Ausbau des Schienennetzes sowie für den von den Bundesländern bestellten Regionalverkehr. Von einem Linke-Tasche-rechte-Tasche-Spiel mag das Unternehmen dennoch nicht reden. „Wir erhalten ja keine Subventionen“, sagt der Bahnsprecher. Im Regionalverkehr beispielsweise werde die Bahn für erbrachte Verkehrsleistungen bezahlt, die man in einem harten Wettbewerb erringen müsse.

Die Gewerkschaft Transnet hingegen lehnt die Dividendenzahlung ab. „Das Geld fehlt für Investitionen“, sagt ein Gewerkschaftssprecher. Zudem werde so der Druck auf die Beschäftigten erhöht, denn höhere Gewinne könnten nur durch mehr Geschäft oder sinkende Personalkosten erwirtschaftet werden. Etwaige Gewinne der Bahn sollten reinvestiert oder zum Schuldenabbau genutzt werden.

Das sieht auch der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann so. „Die Dividendenzahlung ist Quatsch“, sagt Hermann. Der Bahn würden so Mittel entzogen, die sie dringend für Investitionen benötige, um mehr Verkehr auf die Schiene zu bekommen. „De facto handelt es sich um eine Kürzung der Zuwendungen für die Bahn.“ Das System Schiene werde so zusätzlich belastet. Allerdings werde auch nicht immer sinnvoll investiert, viel Geld verschlängen unnütze Großprojekte wie „Stuttgart 21“.

Kritik übt auch die Schienenlobby. „Wenn die abgeführten Mittel aus dem Bahnkonzern in den allgemeinen Haushalt fließen, stehen sie für alle Staatsausgaben zur Verfügung, bis hin zum Straßenbau“, sagt der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Mit der Dividendenzahlung würden tatsächlich die Mittel für den Schienenverkehr insgesamt reduziert, kritisiert auch das Bündnis „Bahn für alle“. RICHARD ROTHER