„Strikt für Serbien“

PATRIOTISMUS Heute spielt die serbische Mannschaft gegen die deutsche. Goran Milovanovic ist Serbe und Fußballfan. Das Spiel wird er beim Public Viewing in der orthodoxen Kirche sehen, auf dem Heiligengeistfeld ist ihm die Übermacht der deutschen Fans zu groß

In seiner Freizeit spielt der Restaurantfachmann selbst Fußball oder engagiert sich in der serbisch-orthodoxen Gemeinde. Er hat einen Sohn und eine Tochter.Foto: privat

taz: Herr Milovanovic, wie sieht die serbische Community in Hamburg aus?

Goran Milovanovic: Wir haben in Hamburg eine serbisch-orthodoxe Kirchengemeinde, Sportvereine und eine Folklore Gruppe. Insgesamt leben glaube ich bis zu 15.000 Serben hier. Bei den Konzerten der Kirche kommen dann schon mal bis zu 500 Leute zusammen. Viele meiner Landsleute kenne ich persönlich, man trifft sich regelmäßig.

Wie gut sind die Hamburger Serben integriert?

Ich denke wir haben uns hier sehr gut eingelebt. Die christlichen Wurzeln haben es schon den Gastarbeitern damals leichter gemacht Anschluss zu finden. Die meisten können auch sehr gut Deutsch. Die jungen Leute natürlich besonders. Deutsch ist ihre Muttersprache.

Sprechen Ihre Kinder serbisch?

Meinem Sohn und meiner Tochter habe ich unsere Sprache beigebracht. Wenn ich sie im Alltag aber auf Serbisch anspreche, antworten sie aber meist auf Deutsch. Das ist für sie einfach natürlicher. Meine Kinder sind wirklich komplett integriert, sie haben Freunde aller Nationalitäten.

Fühlen sie sich als Serben oder als Deutsche?

Noch denken sie darüber nicht nach, dafür sind sie zu jung. Aber das sollen sie mal selbst entscheiden. Aber ich versuche schon ihnen die serbische Kultur und Geschichte nahe zu bringen, das ist mir wichtig. Man muss seine Wurzeln kennen.

Sind Sie religiös?

Ich versuche regelmäßig in die Kirche zu gehen. Aber das ist mir nicht immer möglich. Ich arbeite in einem Restaurant, da habe ich auch Sonntags oft keine Zeit. Aber meine Kinder besuchen den monatlichen Religionsunterrichts unseres Priesters. Religion ist ein fester Bestandteil meiner Familie.

Wie wichtig ist für Sie die alte Heimat?

Die Herkunft ist für uns Serben mit das Wichtigste, das schmiedet zusammen. Ich bin auch immer noch sehr am politischen Geschehen in Serbien interessiert. In letzter Zeit gibt es aber zum Glück nicht mehr soviel Anlass ständig darüber zu diskutieren.

Haben Sie viel Kontakt zu Hamburgern aus anderen Balkanländern?

Ich beobachte, dass der Umgang der Serben mit Albanern, Kroaten oder Slowenen inzwischen entspannt ist. Die Kriege und Konflikte sind vorbei. Allerdings habe ich selbst nur serbische Freunde.

Freuen Sie sich denn mit, wenn die Mannschaften Kroatiens oder Montenegros sportlich erfolgreich sind?

Die anderen Länder haben sich damals abgespalten, da sehe ich keinen Anlass heute für andere mitzujubeln. Ich bin strikt nur für Serbien.

Was bedeutet Sport für Serben?

„Der Umgang mit Albanern, Kroaten oder Slowenen ist inzwischen entspannt“

Serbien ist eine große Sportnation. Wasserball, Basketball, Tennis aber vor allem auch Fußball ist bei uns sehr beliebt.

Wie feiern die Menschen serbischer Herkunft in Hamburg die Weltmeisterschaft?

Es gab erst sehr viel patriotische Begeisterung, aber nur bis zum ersten Spiel. Jetzt muss sich unsere Mannschaft erst wieder beweisen. Deutschland hat schon eine sehr gute Leistung vorgelegt. Mein Tipp für das heutige Spiel ist trotzdem ein Sieg für Serbien bei einem Endstand von 3 : 1.

Wo sehen Sie das Spiel heute?

Auf dem Heiligengeistfeld ist mir die Übermacht der deutschen Fans zu groß. Unsere Gemeinde zeigt in der Kirche das Spiel live. Dort werde ich hingehen. INTERVIEW: WOLFGANG DENZLER