Streitbare Tennis-Queen

Ende November feierte sie ihren 70. Geburtstag, aber Billie Jean King ist der personifizierte Beweis dafür, dass Zahlen nur Beiwerk sind. Die streitbare New Yorkerin gehörte zwischen Ende der 50er und Mitte der 70er Jahre zu den besten Tennisspielerinnen der Welt, gewann insgesamt zwölf Grand-Slam-Titel im Einzel, darunter sechs in Wimbledon, und mehr als 20 in Doppel und Mixed. Nun gehört die offen lesbisch lebende King, die seit Jahrzehnten für Gleichberechtigung kämpft, zu der von US-Präsident Obama berufenen Delegation, die im Februar zu den Winterspielen nach Sotschi reisen wird.

King war nicht nur eine exzellente Spielerin, sie war es auch, die im Sommer 1973 in London mehr als 60 Kolleginnen zusammenrief, um eine Organisation zu gründen, deren Ziele Gleichheit, Anerkennung und Respekt sein sollten. Ihre Versuche, mit den Männern und deren gerade gegründeter Vereinigung ATP gemeinsame Sache zu machen, waren an Desinteresse und Vorurteilen gescheitert. Nach Diskussionen im Kreise der Frauen war es schließlich so weit: Billie Jean King, damals 29 Jahre alt, präsentierte die neue Women’s Tennis Association – kurz WTA.

Ihre Vision, dass irgendwann jede gute Spielerin in der Lage sein sollte, den Lebensunterhalt mit Tennis zu verdienen, ist 40 Jahre nach der Gründung weit übertroffen. Die US Open, eins der vier Grand-Slam-Turniere, folgten noch im Gründungsjahr der Forderung der WTA nach gleichem Preisgeld für Männer und Frauen, die anderen drei zogen mit Verzögerung nach.

Am geschäftlichen Erfolg der Nachfolgerinnen gibt es längst keine Zweifel mehr. So stehen Maria Scharapowa, Li Na und Serena Williams auch 2013 wieder auf der Liste des Wirtschaftsmagazins Forbes mit den 100 Top-Verdienern des internationalen Sports. Sie sind die einzigen Frauen auf dieser Liste, und sie stünden dort nicht ohne den Mumm und die Vision von Billie Jean King.

Doch sie hatte nicht nur auf dieser Ebene Erfolg; seit Jahrzehnten steht die Amerikanerin zu ihrer Homosexualität, und wie Martina Navratilova wird sie nicht müde, um soziale Akzeptanz für alle Menschen zu streiten. Sicher auch in Sotschi.

DORIS HENKEL