Nazis gehen in Führung

Karlsruhe erlaubt NPD-Aufmarsch in Gelsenkirchen ohne weitere Begründung. Ein Bündnis vom Bundestagspräsidenten bsi zur Schalker Faninitiative will sichg den Rechtsextremen entgegen stellen

VON HOLGER PAULER

Die NPD hat nun doch ihren großen Auftritt in der WM-Stadt Gelsenkirchen. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe gab einem entsprechenden Eilantrag der rechtsextremen NPD gegen eine Verbotsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster statt. Eine Begründung lieferten die Karlsruher Richter nicht. „In der kommenden Woche wird eine Erklärung folgen“, sagte BVG-Sprecherin Dietlind Weinland der taz.

Das Oberverwaltungsgericht hatte am Donnerstag das Demo-Verbot der Gelsenkirchener Polizei bestätigt. Es hätten Erkenntnissen vorgelegen, wonach italienische und deutsche Neonazis für den 10. Juni in Gelsenkirchen gezielte „Zusammenstöße und Unfälle“ geplant hätten. Auch der Anmelder der Demonstrationund Chef der nordrhein-westfälischen NPD, Claus Cremer, sei an den Planungen beteiligt gewesen. (taz berichtete). Nach Auffassung der Verwaltungsrichter gehe vor dem „außergewöhnlichen Hintergrund einer Weltmeisterschaft“ eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Einen Tag nach dem Weltmeisterschaftsspiel zwischen Polen und Ecuador in der Schalke-Arena befürchtete Polizeipräsident Rüdiger von Schoenfeldt zudem einen erheblichen „Imageschaden“ für die Stadt Gelsenkirchen und ganz Deutschland. Doch die Karsruher Richter sahen das offenbar anders.

Ungeachtet der obersten Entscheidung hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen unterdessen ein von der Bochumer Polizei ausgesprochenes Verbot einer ebenfalls für heute angekündigten NPD-Demo im benachbarten Herne bestätigt. Die Kammer bezog sich dabei auf den Spruch des OVG in Münster. Bei den von der NPD in Herne und Gelsenkirchen angemeldeten Veranstaltungen handele es sich nach Auffassung der Gerichte um „gleich gelagerte Veranstaltungen, von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ ausgehen könne, sagte Bernd Andrick, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht der taz. Das Verwaltungsgericht habe zwar am Donnerstag das Verbot der Polizei aufgehoben, in diesem Fall folge man aber der „gerichtlichen Hierarchie“, so Andrick.

Die Nationaldemokraten dürften ähnlich denken. Nach dem Entscheid aus Karlsruhe hatten sie am Freitagnachmittag beim OVG in Münster einen Eilantrag zur Aufhebung des Herner Demoverbots eingereicht. Der Gang zum BVG scheint auch hier beschlossene Sache. Die Entscheidung darüber fiel allerdings erst nach Redaktionsschluss.

In Gelsenkirchen wird die NPD auf massiven Widerstand treffen. Mehrere Bündnisse rufen für heute zu Gegenkundgebungen auf. Das Gelsenkirchener Bündnis gegen Rechts und die Schalker Faninitiative treffen sich um 10 Uhr am Vorplatz des Gelsenkirchener Hauptbahnhofes. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) sprechen auf einer Veranstaltung des „Aktionsbündnisses gegen Rechts“ vor dem Gelsenkirchener Musiktheater.