Halbes Herz für Praktikanten

ARBEIT Die EU-Kommission fordert mehr Qualität und Informationen. Einen Mindestlohn soll es aber nicht geben. Besonders problematisch ist die Situation in den Krisenländern

Oft werden die Aushilfsjobs nicht oder nur schlecht bezahlt

AUS BRÜSSEL ERIC BONSE

Die Jugendgarantie bekommt Junge: Nachdem die EU jedem Jugendlichen einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz versprochen hat, widmet sie sich nun der „Generation Praktikum“. Gestern schlug EU-Sozialkommissar Laszlo Andor in Brüssel vor, die Jugendlichen und Studenten besser über Bezahlung, Arbeitszeiten und mögliche Übernahmeperspektiven zu informieren. Es geht allerdings nur um Qualitätsstandards – einen Mindestlohn oder gar eine Übernahmegarantie versprach Andor nicht.

„Es kann nicht hingenommen werden, dass manche Praktikantinnen und Praktikanten derzeit als unbezahlte oder billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden“, sagte der Sozialkommissar. Jedes dritte Praktikum genüge nicht den EU-Standards. Mehr Qualität will Andor unter anderem durch schriftliche Vereinbarungen sichern: Darin sollen Angaben zu Lernzielen, Betreuung, Arbeitszeit und möglicher Bezahlung festgehalten werden. Zudem möchte Andor die Dauer auf sechs Monate begrenzen.

Es ist bereits der zweite Brüsseler Vorstoß zum Thema Jugendarbeitslosigkeit in diesem Jahr. Im Sommer hatte die EU die sogenannte Jugendgarantie beschlossen. Sie soll dafür sorgen, dass jeder arbeitsuchende Jugendliche binnen vier Monaten einen Job, eine Ausbildungsstelle oder eben ein Praktikum erhält.

In den nächsten Jahren stehen dafür 6 Milliarden Euro aus EU-Mitteln bereit. Doch bisher hat noch kein einziges Land Vollzug gemeldet. Die EU-Chefs treffen sich stattdessen regelmäßig zu hochkarätigen Sondergipfeln, um ihr „Engagement“ zu unterstreichen. Der erste Gipfel fand im Berliner Kanzleramt, der zweite im Pariser Élysée-Palast statt. Greifbare Ergebnisse wurden nicht gemeldet. Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich auch nicht gebessert, im Gegenteil: Die Jugendarbeitslosigkeit steigt weiter an. Derzeit sind 5,7 Millionen Menschen unter 25 ohne Job. In Krisenländern wie Griechenland oder Spanien liegt die Quote arbeitsloser Jugendlicher über 50 Prozent. Dort hat auch die hoffnungslose „Generation Praktikum“ ihre Heimat. Vor allem in Südeuropa werden Jobsuchende von einem Praktikum ins nächste verschoben. Oft werden die Aushilfsjobs nicht oder schlecht bezahlt, meist gibt es keinerlei Hoffnung auf Übernahme. Auch die Qualität der Praktika lässt zu wünschen übrig. Nach einer kürzlich veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage sehen 35 Prozent der Firmen keine schriftliche Praktikumsvereinbarung vor. 23 Prozent der Praktikantinnen und Praktikanten wurde zum Ende ein weiteres Praktikum – und eben kein richtiger Arbeitsplatz – angeboten.

Die Chancen, dass die Initiative aus Brüssel etwas ändert, stehen allerdings schlecht. Erst einmal müssen die EU-Staaten den Vorschlag der Kommission annehmen – und dann auch noch umsetzen. Ohnehin handelt es sich nur um unverbindliche Empfehlungen. Bei Verstößen sind keine Strafen geplant.