Rechtsradikale außer Wurfweite

Gleich vier Demonstrationen – plus eine von Neonazis: Die Düsseldorfer Polizei setzt am Samstag auf harte Auflagen. Die Konstellation ist dennoch gewagt: Die Route der Rechten führt unter anderem direkt über ein Fest gegen Rassismus

DÜSSELDORF taz ■ Trillerpfeifen, Plastikleibchen, Pappschilder – kaum eine Woche vergeht, in der nicht irgendwelche Gruppierungen durch Düsseldorf ziehen und demonstrieren. Die Polizei hat sich mittlerweile daran gewöhnt. Am Wochenende aber kommt es richtig dicke: Fünf Demos sind für Samstag angemeldet worden. Eine von Neonazis. Die anderen von linken Bündnissen und Parteien, die gegen den Aufmarsch der Glatzen protestieren. Zeitgleich treffen sich zudem Schwule und Lesben zum Christopher Street Day und die Route der Neonazis tangiert nicht nur jene der Gegendemonstranten, sie führt auch über ein Fest gegen Rassismus.

Sicherlich gebe es „ein, zwei neuralgische Punkte“, an denen die Gruppen aufeinander treffen würden, räumt der Düsseldorfer Polizeisprecher Wolfgang Rodax ein. Allerdings werde man die Routen so legen, dass sie „mehr als einen Steinwurf voneinander entfernt sind“. In der Polizeilogik heißt das: Neonazis und Linke können sich zwar sehen, aber nicht attackieren – wenn alles glatt läuft, wofür mehr als 1.000 Polizisten sorgen sollen. Rodax rechnet mit insgesamt rund 4.000 Demonstranten, davon rund 200 rechte Krawallmacher. „Da kennen wir ganz andere Größenordnungen“, sagt der Polizeisprecher: „Wir hatten schon Demos mit 30.000 Teilnehmern.“

Von „neuralgischen Punkten“ zu reden, klingt nett. In der Realität sieht das so aus: Unter dem Motto „Das System ist der Fehler“ wollen die Neonazis ab 12 Uhr vom Hauptbahnhof aus über einen Rundkurs rudeln, der unter anderem über den Worringer Platz führt. Dort geht am Samstag das „Festival contre le racisme“ über die Bühne, organisiert vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Fachhochschule. Sonderbar: Das Festival stand schon vor dem Neonazi-Aufmarsch fest. Im Gegensatz natürlich zu den anderen Demos, die als Reaktion darauf angemeldet wurden. Aber auch die Route der Linken wird von den Nazis tangiert. Genau gesagt: auf der Bismarckstraße.

Die Polizei setzt daher auf Absperrungen und strenge Auflagen: Einschlägige Symbole sind den Nazis untersagt, außerdem Bomberjacken, Springerstiefel, und auch ihre Alkoholprobleme dürfen die Rechten in Düsseldorf nicht ausdünsten. Adrijane Mehmetaj vom AStA der FH Düsseldorf hofft indes darauf, dass es nicht zu Krawallen kommt. „Wichtig ist, sich den Rechten entgegen zu stellen“, sagt die Studentin. Wie etliche andere Parteien und Organisationen hat auch der AStA einen Aufruf gegen Rechts unterzeichnet.

Auch mit dabei: die Veranstalter des Christopher Street Day (CSD). Polizeisprecher Rodax rechnet nicht damit, dass es zu einer Konfrontation zwischen CSD-Teilnehmern und Rechten komme, zumal der CSD erst am Sonntag stattfinde und samstags „bloß aufgebaut“ werde. „Das ist die falsche Formulierung“, sagt Julia Magerkurth aus dem Vorstand des CSD Düsseldorf. Auch samstags gebe es bereits ein Programm mit Musik und Infoständen. Allerdings auf dem Schadowplatz. Etwas abseits der Demonstrationen.

„Ich vertraue darauf, dass die Polizei das im Griff hat“, sagt Magerkurth. Außerdem richteten sich die Nazis ja nicht explizit gegen Schwule und Lesben. Wobei: Das angekündigte Motto der Nazi-Demo ist offenbar bewusst offen gehalten. Der Anmelder sei nicht vorbestraft, habe aber schon zahlreiche Demos dieser Art angemeldet, sagt Rodax. Und was im Internet kursiert, könne man dem Anmelder nicht zurechnen. Dort ist nämlich nicht nur von einem „Fehler im System“ die Rede, sondern von „Bombenstimmung in Düsseldorf!“ BORIS R. ROSENKRANZ