nebensachen aus erbil
: Im Nordirak haben nur die Mönche Anschluss unter jeder Nummer

Die Mönche von Alkosch haben es gut. Ihre Abtei liegt malerisch auf einem Hügel oberhalb des Dorfes im Nordirak, im Innenhof der Anlage spenden Bäume und Büsche kühlen Schatten in der frühsommerlichen Sonnenhitze. Im Norden erheben sich die Berge Kurdistans, und nach Süden gibt die weite Ebene den Blick frei in Richtung Mossul.

Es ist jedoch weniger die landschaftliche Schönheit, um die so mancher Bürger im Nordirak die drei Mönche und ihren Abt beneiden mag. Vielmehr genießen sie einen Luxus ganz besonderer Art: Die Gottesmänner können nämlich zu beinahe jeder Tages- und Nachtzeit in fast alle Orte des Landes telefonieren. Und das kam so: Als der damalige US-Verwalter Paul Bremer vor drei Jahren im Irak das Zeitalter der freien Telefonie einläutete, ging die Lizenz für das Mobilfunknetz im Norden an die Firma Asia Cell. Deren Besitzer, Faruk Mela Mustafa, hatte in seiner Heimatstadt Suleimanija bereits erfolgreich das erste Mobilfunknetz im Irak aufgebaut. Er schien also der richtige Mann für den Auftrag. Nur hatte Bremer die Rechnung ohne den Wirt gemacht, und das waren die Fallstricke der kurdischen Politik.

Als Asia Cell in Erbil die ersten Sendemasten aufstellen wollte, rückte ein Trupp Peschmerga an. Die bewaffneten kurdischen Kämpfer zwangen die Techniker kurzerhand zum Rückzug, die Sendemasten blieben zunächst am Boden. Denn Erbil und die Region nördlich der Mönchsklause bis zur türkischen Grenze wird von der Partei Masud Barzanis regiert, die mit der Firma Korek mittlerweile ein eigenes Mobilfunknetz gegründet hatte und wenig Lust auf unliebsame Konkurrenz verspürte, zumal aus dem Land von Barzanis altem Erzfeind Dschalal Talabani. Weder Lizenzgebühren noch sonstige Geldangebote vermochten es, Barzanis Parteigänger umzustimmen. Im Vertrauen auf die Dynamik des Markts ersannen Bremer und seine Berater daraufhin einen Ausweg. Sie vergaben für Kurdistan kurzerhand eine weitere Lizenz. Die Firma Sana Tel des Basarhändlers Haji Bamoki, der aus Halabdscha und damit sozusagen von politisch neutralem Boden stammt, sollte es Bürgern von der türkischen Grenze bis Suleimanija erlauben, über Roaming miteinander zu kommunizieren.

Doch richtig abgehoben hat die terrestrische Friedenstaube bis heute nicht. Zwar kann ein Korek-Nutzer dank des Roamings mit Sana Tel sein Handy heute auch in Suleimanija nutzen. Wählt er aber eine Asia-Cell-Nummer, klinkt sich sein Handy einfach aus. Das kann ihm allerdings selbst beim Anruf innerhalb des Korek-Netzes passieren. Beim Aufladen der Prepaid-Karte – Postpaid gibt es im Nordirak noch nicht – oder dringenden Anrufen sollte man grundsätzlich nie in Eile sein, denn irgendeinen Aussetzer hat das Netz bestimmt.

Derweil hat Asia Cell sein Netz von Mossul über Kirkuk und Tikrit bis nach Bagdad ausgebaut, und in einigen Gebieten hat man per Handy sogar Internetzugang. Talabani und Barzani zeigen sich der Öffentlichkeit inzwischen wieder als gute, alte Freunde. In Kurdistan haben sie sogar ihre beiden Regierungen vereinigt. Doch der Mobilfunkgraben zwischen Talabani- und Barzani-Land lässt sich weiterhin nur per Satellitentelefon überwinden. Oder man wohnt wie die Mönche von Alkosch auf neutralem Boden. Für die frommen Männer am Fuße der Berge Kurdistans sind derlei irdische Sorgen und Zänkereien indes unerheblich – ihr Gott hört sie auch ohne Telefon. INGA ROGG