88 sündhaft teure Vorhaben

STAATSFINANZEN Die Kanzlerin verspricht, alles sei gut durchgerechnet. Eingeplante Milliardenausgaben sollen durch höhere Einnahmen gedeckt sein. Die werden auch ohne steigende Steuersätze erwartet

BERLIN taz | Für Christian Lindner ist die Sache klar: Für den designierten Chef der desolaten FDP ist mit dem schwarz-roten Koalitionsvertrag die „Schuldentilgung des Staates und Entlastung der Bürger abgeblasen“. Es sei ein „Anschlag auf Deutschlands Glaubwürdigkeit in Europa“, Mehrausgaben in Milliardenhöhe einzuplanen.

Je nach Berechnung kursierten am Mittwoch tatsächlich zusätzliche Belastungen in Höhe von 23 bis 40 Milliarden Euro – und die Frage, wie die Koalitionäre die denn heimbringen wollen. Zumal Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Präsentation der Vereinbarung erneut betonte, das zentrale Versprechen – keine Steuererhöhungen – werde gehalten.

Wer den Vertrag durchpflügt, stößt jedoch auf 88 sündhaft teure Vorhaben, die „nicht unter Finanzierungsvorbehalt stehen“. Darunter fallen etwa Eingliederungshilfen für Behinderte in Höhe von 5 Milliarden Euro, Verkehrsprojekte für 5 Milliarden, der Kita-Ausbau für 6 Milliarden sowie die Entwicklungszusammenarbeit für weitere 2 Milliarden.

Aber: Auch CSU-Chef Horst Seehofer wollte sich für seinen Anteil am Koalitionsvertrag feiern lassen. So lobte er die Hilfen für Länder und Kommunen. Zudem bringe der Vertrag „massive Investitionen“ in die Bildung.

„Wir haben das alles sehr sorgsam durchgerechnet und immer wieder auch angeglichen an die realen Möglichkeiten“, sagte Merkel. „Der Finanzminister hat uns das plausibel dargestellt, dass das möglich ist.“ Immerhin: In den Verhandlungen war zuletzt von einem Spielraum von 23 Milliarden Euro bis Ende 2017 die Rede, zudem rechnen die Koalitionäre mit höheren Steuereinnahmen. KAI SCHÖNEBERG

Gewinner: Straßen, Behinderte und Kindertagesstätten ■ Verlierer: Erbsenzähler, Kassenwarte und die FDP