„Historischer Fehler“

ISRAEL Premier Netanjahu lehnt das Abkommen ab

„Die Iraner bleiben auch in Zukunft in der Lage, Uran anzureichern. Künftig können sie das sogar mit Genehmigung tun“

DER ISRAELISCHE SICHERHEITSEXPERTE EPHRAIM KAM

JERUSALEM taz | Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu kann die Genfer Euphorie nach den erfolgreichen Atomgesprächen nicht teilen. Es sei kein historisches Abkommen getroffen worden, meinte er am Sonntag in Jersualen, sondern „ein historischer Fehler“. Die Welt sei nun ein gefährlicherer Ort geworden, denn „das gefährlichste Regime in der Welt hat einen entscheidenden Schritt getan, um die gefährlichste Waffe in der Welt in die Hand zu bekommen“.

Nicht ganz so negativ reagierte Israels Staatspräsident Schimon Peres. Ob das Abkommen zum Erfolg führt oder nicht, werde „sich durch Ergebnisse zeigen und nicht durch Worte“. An das iranische Volk appellierte er, den Terror abzulehnen und das Nuklearprogramm zu beenden. „Ihr seid nicht unsere Feinde und wir sind nicht eure“, meinte Peres einerseits versöhnlich, andererseits bestimmt: „Sollte der diplomatische Weg versagen, dann wird die Nuklearoption durch andere Mittel verhindert werden.“

Die gesamte konservative Regierungsfront stimmte in Benjamin Netanjahus „Credo“ mit ein. Außenminister Avigdor Lieberman drohte erneut mit einem militärischen Alleingang Israels. „Wir sind verantwortlich für unser Schicksal“, meinte er gegenüber der Radiostation „Stimme Israels“ und erinnerte daran, dass „alle Optionen auf dem Tisch sind“. Gewinner der Verhandlungen seien nicht die westlichen Weltmächte, sondern die Führung in Teheran.

Auch Juval Steinitz, Minister für die Nachrichtendienste, zeigte sich skeptisch über den „schlechten Handel“, der es schwieriger machen werde, in der Zukunft eine „geeignete Vereinbarung“ zu erreichen.

Netanjahu und seine Minister hatten bis zur letzten Minute versucht, die an den Verhandlungen beteiligten Staaten umzustimmen. Ginge es nach Jerusalem, müsste das komplette iranische Nuklearprogramm gestoppt werden. Unter den gegebenen Umständen, so die Befürchtung, hielten sich die Iraner den Weg zum Atomstaat doch weiterhin offen.

„Die Iraner bleiben auch in Zukunft in der Lage, Uran anzureichern“, erklärte dazu Dr. Ephraim Kam vom Tel Aviver Thinktank INSS (Institut für Nationale Sicherheitsstudien). Das Wichtigste sei, dass der Iran „fortan mit Genehmigung Uran anreichert“, sagte Kam. Er hält es zudem für problematisch, die Sanktionen erneut zu verschärfen, sollte sich eines Tages herausstellen, dass Teheran sich doch nicht an die Vereinbarungen hält. SUSANNE KNAUL