Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel

ERGEBNISSE Große Erwartungen hatte niemand, kleine Hoffnungen wurden erfüllt. Das Klima retten die Schritte aber nicht – richtig verbindlich wird’s erst 2015

WARSCHAU taz | Die Bilder und Statements aus Warschau schienen eindeutig: Enttäuschte Gesichter, Kritik der armen Länder, Öko-Gruppen, die das Warschauer Stadion unter Protest verließen und dabei knallige Statements abgaben: Zu groß seien Unbeweglichkeit und Unwillen der Industrieländer und zu stark der Einfluss der Kohle- und Öllobby auf den Gipfel. Kurz: die Klimakonferenz von Warschau – eine einzige Katastrophe.

Auf den zweiten Blick sieht das etwas anders aus. Die Resultate entsprechen ziemlich genau den Vorgaben von Deutschen und EU für Fortschritte bei dieser Konferenz, von der niemand einen Durchbruch erwartete. Der Fahrplan für die Verhandlungen bis zu einem allgemeinen Abkommen 2015 in Paris (laut dem deutschem Delegationsleiter Karsten Sach „das wichtigste Ziel von Warschau“) wurde erreicht. Einzelne Elemente sind zwar schwächer, als von den Europäern gewollt, aber ab Frühling 2014 sollen die Staaten nun ihre Vorstellungen und Ziele für 2015 vorlegen, diese Ideen sollen öffentlich bewertet werden.

Auch der neue „Warschau-Mechanismus“ für den Umgang mit „Verlust und Schäden“ durch den Klimawandel ist ein Erfolg – wenn auch kleiner, als viele hofften. Er wird kein eigenes Sachgebiet in der Klima-Rahmenkonvention bekommen und erst einmal keine Finanzierung.

Beim Geld gab es nur die Vereinbarung, näher über die Quellen und den Weg zu den 100 Milliarden Dollar zu reden, die ab 2020 für den armen Länder bereitstehen sollen, und 110 Millionen für den „Fonds zur Anpassung“. In den Grünen Klimafonds soll ab 2014 Geld eingezahlt werden können. Das waren die realistischen Erwartungen an Warschau. Die Forderung der Schwellenländer nach der Zusage von 70 Milliarden Dollar für 2016 war dagegen immer utopisch.

Schließlich wurden ökologische und soziale Leitplanken in der Waldpolitik vereinbart – ein Erfolg der Ökogruppen.

Allerdings war die Stimmung in Warschau mies. Dazu trug die polnische Regierung mit ihrer demonstrativen Förderung der Kohle bei, aber auch Australien und Japan, die rechtzeitig zur Konferenz ihre Klimaziele zusammenstrichen. Und das Gefühl der Anteilnahme, das am Beginn des Gipfels durch den Taifun auf den Philippinen herrschte, war schnell verflogen. Schließlich wurde wieder klar, dass der Klimaprozess allein die Lösung des Problems nicht bringen kann. Trotz der lauten Warnungen durch den UN-Klimarat IPCC, das UN-Umweltprogramm und die Weltbank blieb der Gipfel im diplomatischen Hickhack stecken. Christiana Figueres, Chefin der Klimabehörde UNFCCC, sagte zum Ergebnis: „Das bringt uns in die Spur zu einem Abkommen in Paris. Aber nicht zur Einhaltung des 2-Grad-Ziels.“ Und Lutz Weischer von Germanwatch hatte schon auf der Konferenz befürchtet: Wegen der Rückzüge von Australien und Japan „wird das der erste Klimagipfel, wo wir hinterher weniger Reduktionsziele haben als vorher.“

BERNHARD PÖTTER