Die Katze bleibt im Sack

Studiengebühren ja oder nein? Die Uni Münster scheut den Konflikt mit den Studierenden – und eine Entscheidung

MÜNSTER taz ■ Während die Einführung von Studiengebühren an den meisten NRW-Hochschulen bereits ausgemachte Sache ist, wird die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU) vorerst keine Campus-Maut erheben. Dieses „vorerst“ war 300 Studierenden zu wenig: Vergangene Woche sprengten sie die Senatssitzung und besetzten das Rektorat. Seitdem weht ein überdimensionales „Eintritt frei“-Transparenz über dem Schlossportal.

Doch inzwischen gilt dieses Motto vor allem für die Verwaltungsangestellten. Seitdem Uni-Rektor Jürgen Schmidt am Montag mit der polizeilichen Räumung drohte, gehen die 45 Landesbediensteten im weiter besetzten Südflügel ein und aus. Vollbetrieb trotz Blockade: Diese Zwittersituation steht sinnbildlich für den Umgang der bundesweit drittgrößten Universität mit dem Thema Studiengebühren. Das Rektorat zeigt sich nachgiebig im Symbolischen, aber hart in der Sache. Es gibt zwar weder einen Beschluss für oder gegen die Campus-Maut noch einen Termin, an dem darüber wieder beraten wird. Dennoch ließ die Unileitung während der letzten Senatssitzung ihre zweigleisige Strategie durchblicken: Münster soll zwar kein Vorreiter, aber auch kein Nachzügler sein.

Daher wird WWU-Rektor Schmidt nicht müde daran zu erinnern, dass die im November verabschiedete Stellungnahme des Senats gegen Studiengebühren sich lediglich auf einen Referentenentwurf bezog. „Jetzt ist das Gesetz und es steht nur noch dem Verfassungsgericht zu, darüber zu urteilen“, gab sich der Rechtsprofessor am Montagnachmittag beim Treffen mit den Schlossbesetzern als treuen Landesdiener. Es blieb bei einer symbolischen Gesprächs- statt einer tatsächlichen Diskussionsbereitschaft.

Als Jens Oleschneider die Forderungen der 300 Besetzerinnen und Besetzer verlas, stellte Schmidt sofort klar: „Ich habe keine Interesse mehr, dieses Thema in den Senat zu bringen.“ Allerdings endet seine Amtszeit im Oktober und die designierte Rektorin Ursula Nelles steht einer erneuten Thematisierung offen gegenüber. „Der Senatsvorsitzende hat die Sitzung vorschnell geschlossen“, kritisierte sie das Verhalten von Udo Schmälzle.

Auf der Senatssitzung hatten die studentischen Vertreter beantragt, eine viertelparitätisch besetzte Kommission zur Verbesserung der Lehre ins Leben zu rufen – die sich allerdings nicht mit der Erhebung von Studiengebühren befassen sollte. Der Antrag war mit zehn zu elf Stimmen abgelehnt worden, worauf die ersten Studierenden in den Raum stürmten. Schmälzle brach die Sitzung sofort ab. Der Kompromissvorschlag der Professoren – eine ebenfalls viertelparitätisch besetzte Beratungskommission mit ergebnisoffener Diskussionsgrundlage – kam deshalb nicht mehr zur Abstimmung.

Den Studierenden ist das allerdings ohnehin zu wenig. „Ergebnisoffen ist doch nur Augenwischerei“, so der AStA-Vorsitzende Jochen Hesping. „Entweder sie wollen eine effizientere Nutzung vorhandener Mittel, dann hätte der studentische Antrag gereicht, oder sie wollen im Endeffekt doch eine Einführung von Gebühren.“

Im Rektorat will das offen keiner aussprechen. Stattdessen wird eine Rektoratsbesetzung geduldet, solange die Verwaltungsangestellten weiterarbeiten können, Gesprächstermine werden angenommen ohne wirklich miteinander zu reden und die Verantwortung wird auf die höhere Entscheidungsebenen abgeschoben.

Selbst die Westfälischen Nachrichten fragten schon in einer Karikatur, wann die Uni Münster endlich die Katze aus dem Sack lässt. Über einen zählbaren Teilerfolg können die Schlossbetzerinnen immerhin schon freuen. Je länger die Katze im Sack bleibt, umso weiter verschiebt sich die Gebühreneinführung. Macht 500 Mäuse pro Semester. RALF GÖTZE