Birma: Suu Kyi bekommt Besuch

Nach mehr als zwei Jahren ist einem führenden UN-Vertreter erstmals wieder die Einreise erlaubt worden

BANGKOK taz ■ Knapp eine Stunde hat am Samstag das Gespräch zwischen dem UN-Gesandten Ibrahim Gambari und der birmesischen Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi im Gästehaus der Militärregierung gedauert. Anschließend wurde die Friedensnobelpreisträgerin und Vorsitzende der „Nationalen Liga für Demokratie“ (NLD) sofort wieder in ihr Haus zurückgebracht, in dem sie seit Frühsommer 2003 unter Arrest steht. Die 60-Jährige verfügt dort über keine Telefonverbindung und darf außer ihrem Arzt und ihrer Haushälterin keinerlei Besuch empfangen. Gambari erklärte, er habe Suu Kyi in „guter Verfassung“ vorgefunden. Einzelheiten des Gesprächs nannte der nigerianische UN-Gesandte und Stellvertreter von Generalsekretär Kofi Annan zunächst nicht.

Dass Birmas Militärs dieses Treffen erlaubt haben, nährt bei der oppositionellen NLD offenbar die Hoffnung, dass künftig wieder Bewegung in die festgefahrenen Beziehungen zwischen Birma und der internationalen Gemeinschaft kommt. Denn seit dem letzten Besuch von Razali Ismail, dem damaligen UN-Sondergesandten für Birma, im März 2004, war bislang keinem führenden, nichtasiatischen UN-Politiker die Einreise gestattet worden. Razali selbst hatte im Januar seinen Rücktritt erklärt: Da er die Militärführung seit 22 Monaten nicht mehr habe treffen könne, sei es offensichtlich, „dass man ihn dort nicht mehr haben wolle“. Der malaysische Diplomat hatte Birma jedoch davor gewarnt, sich auf Kollisionskurs zur UNO zu begeben. Die desolate Menschenrechtslage in Birma war bereits Thema eines informellen Treffens des UN-Sicherheitsrates in New York.

An die Mahnungen Razalis knüpfte der UN-Gesandte Gambari, der auch den als Hardliner berüchtigten Juntachef General Than Shwe traf, jetzt an: Die Militärregierung müsse sich zu deutlichen Fortschritten bei der Demokratisierung und Einhaltung der Menschenrechte verpflichten. Ob die Militärs dazu bereit sind, bleibt zweifelhaft. Birma-Kenner sind davon überzeugt, dass die Junta den jetzigen UN-Besuch nur aus Imagegründen erlaubt hat. Die Militärs wollen verhindern, dass sich der Weltsicherheitsrat auf ein mögliches Geheiß von Gambari hin tatsächlich einschaltet.

Dessen Visite erfolgt ohnehin zu einem brisanten Zeitpunkt: Nach Berichten von Beobachtern ist die Junta in ihrer größten Offensive seit 1997 wieder massiv gegen die ethnische Minderheit der Karen vorgegangen. Augenzeugen sprechen von Brandlegungen, Morden und Folter. Seit November seien mindestens 10.000 Karen auf der Flucht, vorwiegend ins Grenzgebiet zu Thailand. Die US-Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ forderte jüngst konkrete Maßnahmen seitens des UN-Sicherheitsrates, um die Vertreibungen zu beenden. Schließlich habe sich das Gremium in seiner vom 28. April dieses Jahres verabschiedeten Resolution generell dazu verpflichtet, Zivilisten in bewaffneten Konflikten entsprechend zu schützen. Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen sitzen in Birma zudem weit über 1.000 Menschen aus politischen Gründen hinter Gittern.