Der Blitz aus Braunschweig

Es ist das Jahr des Dennis Schröder – zumindest in Basketball-Deutschland: Im Januar wählten Fans den 20-jährigen Spielmacher aus Braunschweig zum „Allstar“ – dem jüngsten der Bundesliga-Geschichte. Im Mai wurde er als Most Improved Player und bestes deutsches Nachwuchstalent der Liga-Saison ausgezeichnet.

Bereits im April hatte er die Talentspäher der US-Profiliga NBA entzückt, bei einer internationalen Schau in Portland, Oregon. Im Juni beim „NBA Draft“ wählten ihn dann die Atlanta Hawks an Position 17. Im Juli unterschrieb er einen Zwei-Jahres-Vertrag bei dem NBA-Klub – Schröder ist jetzt Millionär. Und Ende Oktober schließlich feierte er sein Debüt in der besten Basketballliga der Welt – gegen die Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki. Er selbst sei ja „auf dem Weg nach draußen“, sagt der inzwischen 35-Jährige – und Neuling Schröder „der Überflieger“.

An dem erstaunt die US-Experten vor allem seine Furchtlosigkeit. So wird er in seinem vierten Pflichtspiel jüngst für eine Unsportlichkeit suspendiert – ein unbekümmerter Griff in die Weichteile eines Widersachers. Respekt vor großen Namen oder Sorgen wegen zu hohen Erwartungen hat Schröder nicht. „Es ist gut, so gehypt zu werden, aber nur harte Arbeit zahlt sich aus.“

In Atlanta ist er Reservist: In 15 Minuten pro Spiel erzielt er vier Punkte und drei Vorlagen. Aber es wirkt, als kommt da noch mehr: Schröder ist jetzt schon ein eifriger Punktesammler, hartnäckiger Verteidiger, gewitzter Dribbler und Vorbereiter. Wird sein Körper noch „NBA-ready“, sind sich die Experten sicher, hat er das Zeug zum „neuen“ Rajon Rondo, einem der besten Vorbereiter der NBA – und Schröders erklärtes Vorbild.

Im richtigen Leben war das sein deutscher Vater, „mein größter Fan“. Als dieser vor vier Jahren starb, war für den Sohn Schluss mit der Hitzköpfigkeit: Seitdem sei er professionell, sagt Schröder, der als Teenie immer wieder mal aneckte. Die Familie ist ihm dabei weiter Fundament, bis vor Kurzem noch half er im Friseursalon seiner gambischen Mutter aus. Und nun leben eine Schwester, eine Nichte und der beste Kumpel mit ihm zusammen in Atlanta den amerikanischen Traum.

Begonnen hat das Basketballmärchen 2004 im Braunschweiger Prinzenpark: Auf einem Freiplatz entdeckte Nachwuchstrainer Livio Calin den Elfjährigen, der lieber Skateboard-Tricks übte als Drei-Punkte-Würfe. Calin wurde Schröders Förderer und Mentor, 2011 gab der 1,86-Meter-Mann sein Bundesliga-Debüt. Auf der Aufbauposition – in deutschen Mannschaften eigentlich für US-Profis reserviert – erkämpfte er sich immer mehr Spielzeit. Der Rest ist Geschichte. Fortsetzung folgt.  MIKE LIEM