Der Klotz am Bein der US-Präsidenten

Schon Clinton stritt mit Nordkorea über dessen Atomprogramm. Erst unter Bush führte der Konflikt zu Sanktionen

Nach dem 11. September 2001siedelte Bush das Land auf der „Achse des Bösen“ an

WASHINGTON taz ■ Nordkorea ist eines der außenpolitischen Felder, das zunächst von US-Präsidenten gerne ignoriert wird. Sowohl Präsident Bill Clinton als auch sein Nachfolger George Bush hatten zu Beginn ihrer Amtszeit keine aktive Nordkoreapolitik im Sinn, beide sahen sich nach wenigen Monaten jedoch gezwungen, konkrete Konzepte zu entwerfen. Clinton reagierte nach der Ankündigung Nordkoreas, den Reaktor in Jonbjon wieder hochzufahren, auf Ängste, dass die international isolierte Republik nun auch beginnen würde, waffenfähiges Material für eine Atombombe zu produzieren. Er verordnete „Teamgeist“ und demonstratives Muskelspiel mit Militärübungen in Südkorea. Daraufhin drohte der Norden, aus dem Atomwaffensperrvertrag auszusteigen, was den USA signalisierte: Unter Druck sei Nordkorea zu allem fähig.

Das wiederum veranlasste die aufgeschreckte Regierung Clinton, den Nordkoreanern einen Tauschhandel anzubieten: Sie bleiben im Vertrag, dafür werden sich die USA nicht für Sanktionen einsetzen. Doch die Situation eskalierte schnell, bis man sich darauf einigte, dass der Norden seinen alten Reaktor lahm legen würde und die USA dafür Öl lieferten, bis mit ihrer Hilfe zwei neue Leichtwasserreaktoren gebaut seien.

Auch Präsident George W. Bush wurde in die Nordkoreapolitik hineinkatapultiert. Nach den Angriffen vom 11. September 2001 siedelte er das Land gemeinsam mit Iran und Irak auf seiner Weltkarte auf der „Achse des Bösen“ an.

Die von der Bush-Administration angefachte Wahrnehmung des Regimes in Pjöngjang erhielt dann auch schnell Nahrung, als es bereits im Oktober 2001 zugab, dass es ein aktives Atomprogramm besitze (Sanger 1). Knapp einen Monat später lief das letzte Ölschiff gen Nordkorea aus, Washington hatte die unter Clinton vereinbarten Energielieferungen eingestellt.

Mittlerweile kursieren in Washington Geheimdienstunterlagen, die besagen, dass Nordkorea seit dem Amtsantritt Bushs bereits genug Material für ein halbes Dutzend Atombomben produziert habe. Ob es das Material wirklich dazu benutzt, Waffen zu bauen, darüber schweigen sich die Geheimdienste aus.

ADRIENNE WOLTERSDORF