Fast nur Verlierer beim Parteitag

SPD Delegierte strafen Parteispitze bei Vorstandswahlen ab

LEIPZIG taz | Die SPD richtet sich in Leipzig mental auf die Große Koalition ein. Wenn der SPD-Parteitag am Samstag zu Ende geht, fängt das Wichtige an. Es beginnt das harte, entscheidende Ringen mit der Union um doppelte Staatsangehörigkeit, Finanzen, Homo-Ehe, Mindestlohn. Der Parteitag hatte insofern etwas Virtuelles, Vorläufiges. Entschieden werden konnte nichts.

Schärfer zu sehen ist nun die Stimmung. Und die ist, angesichts des Wahlergebnisses und der Aussicht auf die Große Koalition, recht mäßig. Genauso sind auch die Voten für den SPD-Vorstand zu verstehen: Nicht nur Parteichef Sigmar Gabriel, auch Hannelore Kraft erhielt mit 85,6 Prozent weniger Stimmen als 2011. Genau wie Aydan Özoguz (79,9) und Manuela Schwesig (80,1). Es ist kein Zufall, dass nur einer ein wirklich erfreuliches Votum bekam: der einzige Neuling im Vorstand, Hessen-SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel, mit 88,9 Prozent. Den Verdruss der Genossen bekamen vor allem zwei Spitzenfunktionäre zu spüren: Olaf Scholz und Andrea Nahles. Der Hamburger, den nur 67,3 Prozent als Parteivize wollten, hatte sich rasch auf die Große Koalition festgelegt und schon vor der Wahl die SPD zu mehr Wirtschaftsnähe ermahnt. Andrea Nahles ist Generalsekretärin auf Abruf: Falls es zur Großen Koalition kommt, ist ein Karrieresprung ins Kabinett wahrscheinlich. Miese Wahlergebnisse werden oft Generalsekretären angelastet, weil die den Wahlkampf organisieren. Außerdem hatte Nahles nach dem Geschmack vieler Delegierter allzu perfekt von der Anti-Merkel-Agitation in den Gute-Stimmung-Modus umgeschaltet. Die Quittung: Ein Drittel wollte sie nicht mehr als Generalsekretärin. SR

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