Sex, Islam und Rock ’n’ Roll in Hellersdorf

UMSTRITTENE AKTE IN VHS

Jaja, die Sache mit der Integration und dem Sex. Sehr kompliziert. Wie kompliziert, das konnte man in dieser Woche in Marzahn-Hellersdorf verfolgen, von wo quasi stündlich neue Statusmeldungen in die Welt gingen: „Nacktgemälde in Volkshochschule abgehängt!“ Dann: Nacktgemälde aus Rücksicht auf Muslime abgehängt!“ Am Ende: „Bilder unverzüglich wieder aufgehängt!“ Das twitterte die zuständige Stadträtin Julia Witt – mit Fotobeweis: Da stand sie, in den Händen eine pastellfarbene Frau mit lässig geöffneten Beinen.

Das Durcheinander war entstanden, weil an der VHS Muslime Deutschkurse besuchen und der stellvertretende Schuleiter dachte, man müsse vielleicht besser mal die entblößten Damen abhängen. Aus Rücksicht. Sex, äh, sechs Bilder (sorry, der musste sein) waren also weg, die nicht mal die schamlose Wucht von Gustave Courbets 150 Jahre altem „Ursprung der Welt“ hatten, wo man mittenmang ins aufreizend gespreizte Gestrüpp einer Frau blickt. Der Rest der Ausstellung der Berlinerin Susanne Schüffel durfte bleiben.

„Das ist falsch gemeinte Integration“, kommentierte Integrationssenatorin Dilek Kolat prompt, Innensenator Frank Henkel schob hinterher, wie blöd es sei, dass den Muslimen Intoleranz vorgeworfen würde, ohne dass sich einer beschwert hätte.

Und alles nur, weil der Bezirk weiter für ein „anderes“ Image werben wollte – man denke dabei zum Beispiel an das Jugendprojekt, das 2006 mit einem Kalender für Oho gesorgt hatte: Teenies in Pin-up-Posen, der Mai mit einer Nackten an der „Öko-Station Schleipfuhl Hellersdorf“.

Im Januar geht’s weiter: mit Erotikkunst aus dem Bezirk in der Schau „AKTuell“. „Alle neuen Freunde der Aktmalerei sind willkommen“, charmierte Witt. Wer einen Beitrag leisten will, kann das direkt in der VHS: im Kurs „Aquarellmalerei“ für Fortgeschrittene. Mit „Nass- und Trockentechnik“. ANNE HAEMING