Der Männerversteher

Wenn Pastor Volker Dietrich-Domröse in klarer Sprache predigt, auf dröge Kirchenfloskeln verzichtet und stattdessen von Lebenserfahrungen erzählt, hören ihm meist die Frauen der Gemeinde zu. Männer kommen zu den Gottesdiensten in die Markus Kirche in Stade seltener. Dabei ist ihr Pastor seit dieser Woche ganz offiziell ein ausgezeichneter Männerversteher: Die Evangelische Landeskirche Deutschland verlieh dem 54-jährigen Theologen den ersten Männer-Predigt-Preis.

Während anderswo meist die Frauenförderung Priorität hat, wird die Auszeichnung von der EKD für Predigten vergeben, die sich mit besonders männerspezifischen Fragen beschäftigen. Denn nicht nur in Stade herrscht Männermangel unter den Kirchgängern. Die preisgekrönte Predigt von Dietrich-Domröse liest sich fast wie eine Kurzgeschichte. Ein Mann grübelt da nach der Taufe seiner Tochter bei einem Glas Rotwein über seinen Glauben. Als „typisch männliche“ Auseinandersetzung mit der Religion lobt das die Jury.

Nur blöd, dass die Predigt Vieles sein soll, nur nicht typisch männlich. „Ich glaube nicht, dass es der richtige Weg ist, sich speziell an Männer zu richten“, sagt Dietrich-Domröse. „Man muss nicht über männerrelevante Themen reden oder einen peinlichen Männer-Slang sprechen, um Männer zu erreichen“, glaubt der Vater zweier Töchter. Wichtiger sei es lebensnahe Figuren zu beschreiben, in denen sich die Menschen wiederfinden können. „Dann ist es für beide Geschlechter interessant – da muss man sich für Männer keinen abkaspern.“ Durch den Preis fühlt sich der Pastor, der in seiner Freizeit das Geocaching, eine GPS-Schnitzeljagd, liebt, in dieser Haltung bestärkt.

Und Angst, mit seinen Predigten die Frauen aus dem Gottesdienst zu vergraulen, habe er auch keine. Im Gegenteil, seit Bekanntwerden der Preisverleihung sehe er im Gottesdienst neue Gesichter. „So mancher kommt nun vorbei, um zu gucken, ob das stimmt, mit den interessanten Predigten.“  REA