Künstlicher Einzeller im Labor hergestellt

GENTECHNIK Kritiker warnen, Befürworter halten das für unberechtigt. Vatikan begrüßt Neuentwicklung

BERLIN taz | Eine neue Entwicklung in der Biotechnologie hat am Freitag für Aufsehen gesorgt: Dem US-Biochemiker Craig Venter – vor zehn Jahren war er maßgeblich an der Entschlüsselung des menschlichen Genoms beteiligt – ist es gelungen, künstlich erzeugtes Erbgut in einen Einzeller einzupflanzen. Es sei nicht absehbar, wie sich das künstliche Bakterium in der Umwelt auswirke, warnten Kritiker.

Christoph Then, ehemaliger Greenpeace-Mitarbeiter und Geschäftsführer des Vereins Testbiotech sagte, die im Labor hergestellten Gene könnten „völlig neue, unvorhergesehene Eigenschaften“ aufweisen. Das sei ein Risiko, da sie in der Natur Schaden anrichten könnten. Die synthetischen Zellen seien womöglich herkömmlichen überlegen.

Diese Befürchtungen hält Alfred Pühler, Professor am Centrum für Biotechnologie der Universität Bielefeld, für unberechtigt. „Was Craig Venter hergestellt hat, ist weit entfernt von einem künstlichen Organismus.“ Der Amerikaner habe lediglich das Problem gelöst, die Eigenschaften einer lebenden Zelle in eine Zellhülle einzusetzen und sie zum Leben zu erwecken. Pühler: „Von einem solchen Organismus geht keine Gefahr aus, weil bereits ein Mikroorganismus mit gleicher genetischer Funktion existiert.“ Es läge in „weiter Ferne“, dass Forscher selbst in die Gene von Bakterien eingreifen. In einem nächsten Schritt werde nun vermutlich eine „Minimalzelle“ hergestellt – mit wenig Erbgutinformationen. Aufgrund ihrer minimalistischen Struktur könnten sich diese Zellen in der Umwelt nicht behaupten.

Der Vatikan begrüßte den Erfolg von Craig Venter. Erzbischof Bruno Forte von der Päpstlichen Theologenkommission betonte, Glaube und wissenschaftliche Vernunft stünden nicht im Gegensatz zueinander. JULIA HENKE

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