neues aus neuseeland: opossumjagd ist hammerhart von ANKE RICHTER
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Pelz ist böse. Das weiß jede Opernbesucherin, die im weißen Nerz aus dem Foyer tritt und im rot besprühten Mäntelchen ins Taxi steigt. Damen ohne jeden Sinn für Kunstfaserkultur verdienen tiefste Abscheu und gelegentliche Attacken. Daher musste ich meine Kaninchenjacke notgedrungen im Secondhandladen verkaufen, nicht zuletzt aus finanziellen Erwägungen. Außerdem fielen ihr die Haare aus. Wenigstens konnte ich die ermordeten Häschen so vor dem Altkleidercontainer retten.

Solche moralischen Verrenkungen bleiben mir jetzt endlich erspart. Wo ich lebe, darf man Pelz tragen und trotzdem Tierfreund oder gar Veganer sein. Pelz ist dann nicht mehr böse, wenn er vom Opossum stammt. Das possierliche Kerlchen mit Marderschnauze und Puschelschwanz ist oberböse, weil es kein einheimisches Tier und damit ein arger Feind von Flora und Fauna ist. Es frisst kleine Singvögel und nagt Bäume ratzekahl. Opossums sind eine Pest und müssen gejagt werden – mit grünem Segen und Siegel.

Aus dem Fell darf man sich schuldfrei schönste Ohrenklappen, Pantoffeln, Nackenrollen und sogar Nippelwärmer machen lassen. Bei den Nippelwärmern muss man nur Acht geben, dass man die Fellpunkte nicht auf die Brust, sondern innen auf das T-Shirt klebt, sonst ziept’s.

Wenn mich die tierische Wärme meiner Opossum-Sofadecke umhüllt, dann geht es mir wie beim Abnagen saftiger Hühnerkeulen: Ich will lieber nicht wissen, wie diese Wohltat auf meinen Teller gekommen ist. Garantiert war irgendwo Blut im Spiel. Eine Kreatur musste leiden, weil ich genießen will. Damit lässt sich prima leben, solange ich nicht zuschauen muss.

Empörend ist daher das Vorgehen des Highschool-Lehrers Phil Gayton aus New Plymouth, der im Sportunterricht der 13. Klasse vor und von seinen Schülern ein Opossum erschlagen ließ. Das Tier lebte seit Wochen im Gebälk der Turnhalle, hatte die aufgestellten Fallen ignoriert und zwischen Medizinbälle und Barren defäkiert. Als der Sportlehrer es in einem der Geräteschränke rumoren hörte, wusste er, was zu tun war. Gayton stattete zwei Schüler mit Hammer und Stock aus. Sie rissen den Schrank auf. Einer drückte das Opossum mit der Stange in die Ecke, der andere holte dreimal mit dem Hammer aus, und ein asiatischer Austauschschüler filmte das Ganze mit seinem Mobiltelefon.

Als Eltern am nächsten Tag Alarm schlugen und sich über die ungewöhnliche Leibesertüchtigung geschockt zeigten, konnte der Lehrer sich verteidigen: Die Hammermethode sei erst kürzlich in einer Fernsehsendung für Farmer empfohlen wurden. Denen fressen Opossums ganze Obstplantagen kahl.

Die Sendung müssen viele gesehen haben. Als ich vorige Woche einen Spaziergang machte, kam mir ein junger Mann entgegen. Er hatte einen irren Ausdruck in den Augen und schwenkte einen Hammer in der Hand. Mir wurde ganz heiß vor Angst unter meinen Nippelwärmern. Ich umklammerte mein Mobiltelefon. Der Hammermörder ignorierte mich jedoch und stierte wie besessen in die Büsche. Dort zappelte etwas, womöglich in einer Falle. Im Angesicht meiner Sofadecke wurde mir später klar: Ich verdanke einem Opossum mein Leben.