Muslimischer Religionskampf im Internet

PAKISTAN Behörden sperren zahlreiche Internetseiten, um mögliche Mohammed-Beleidigungen zu vereiteln

DELHI taz | Pakistaner sind es gewohnt, im Alltag auf Komfort wie etwa eine regelmäßige Stromversorgung zu verzichten. Doch als am Donnerstag früh der Blackberry-Service aussetzte, über den hunderttausende Anwälte, Geschäftsleute und Studenten ihre E-Mails lesen, war der Aufschrei groß. Es kam noch schlimmer: Wenig später waren die Internetseiten von Wikipedia, Youtube, Worldpress und Flickr nicht mehr zugänglich.

Am Mittwoch bereits war die populäre soziale Netzwerkseite Facebook gesperrt worden, nachdem ein Gericht in Lahore dem Antrag einer Gruppe von Anwälten stattgegeben hatte, die sich über den angeblich gotteslästerlichen Inhalt einer Facebook-Aktion beschwerten. Doch findige Pakistaner kamen schnell darauf, dass sich Facebook immer noch über Blackberry-Mobiltelefone aufrufen ließ, und unterliefen den offiziellen Bann. Diesem Treiben bereitete die Telekommunikationsbehörde ein Ende.

Stein des Anstoßes ist die Facebook-Seite „Zeichne den Mohammed-Tag“, die dazu aufruft, eigene Karikaturen des islamischen Glaubensstifters ins Netz zu stellen. Die Abbildung des Propheten wird im Islam als Akt der Gotteslästerung betrachtet. Mohammed-Karikaturen eines dänischen Zeichners hatten 2006 zu wütenden Straßenprotesten in Pakistan geführt.

Facebook ist in Pakistan enorm beliebt. Die Seite soll über zwei Millionen Nutzer haben. In dem streng konservativen Land ist das Internet vielfach die einzige Möglichkeit für Jungen und Mädchen, sich näher kennenzulernen. Pakistaner, die im Ausland leben, halten über Facebook Verbindung zu Verwandten und Freunden in der Heimat. Auch Expräsident Pervez Musharraf, der in London im Exil sitzt, nutzt Facebook, um seine Anhängerschaft in Pakistan zu pflegen. Pakistan hat eine unglückliche Geschichte, wenn es um die Blockade von Websites geht. Schon immer fand die Internetgemeinde rasch Wege, Verbote zu umgehen. Diesmal wird es kaum anders sein. AGNES TANDLER