Gipfeltreffen im Labor

NEWCOMER Malerei- und Fotografieabsolventen aus Berlin und Essen sind für ein paar Wochen in der Kommunalen Galerie in Charlottenburg zu sehen

Die Kunstwerke stehen jeweils beispielhaft für die Ausbildung in einem Medium

Für ein paar Wochen verwandelt sich die Kommunale Galerie in Charlottenburg in ein Kunstlabor der besonderen Art. Es sind junge Malerei- und Fotografieabsolventen aus der Berliner Universität der Künste und der Essener Folkwang Universität der Künste zu Gast.

„Meeting Point“ ist der Auftakt einer von der Leiterin Elke von der Lieth neu konzipierten Reihe, die vielversprechende Arbeiten aus zwei Kunstakademien vorstellt. Sie stehen jeweils beispielhaft für die Ausbildung in einem Medium. Schon auf diesem ersten Gipfeltreffen gibt es spannende Arbeiten und vor allem für junge Künstler erstaunlich reife Positionen zu entdecken.

Das ganze Spektrum

Der von Joachim Becker kuratierte Malerei-Teil der Ausstellung versammelt Meisterschüler von Burkard Held an der Universität der Künste. Markus Gley (1980), Nataliia Korotyaeva (1986), Ulrike Krone (1980), Regina Nieke (1979), Minyoung Park (1979), Iman Rezai (1981), Jeong Ryu (1976) entfalten das ganze Spektrum unterschiedlicher malerischer Ansätze: Abstraktes trifft auf Figuratives, Malerei inszeniert sich in installativer Hängung, Pop-Punk-Art und Graffiti-Elemente sind ebenso vertreten wie abstrakte gestische Malerei in der gerade wieder neu rezipierten Tradition des Informel. Souverän bringt Regina Nieke aus dem Impuls einer einzigen Geste ihre pastosen Farbschichten auf die Leinwand, die an abstrakte Variationen von Francis Bacon erinnern.

In abstrakten Selbstporträts – nicht mehr als Strichmännchen oder rudimentäre Kopffüßler –, die aus grellen Neonfarben komponiert sind und mitunter Objekte wie Glasscherben enthalten können, übersetzt Markus Gley gekonnt seine Emotionen in die Malerei und hat sich damit einen eigenwilligen überzeugenden Stil erarbeitet.

Der Iraner Iman Rezai entwickelt seine Malerei aus vorgefundenen Materialien wie glitzernden Cocktailschirmchen oder Dachpappe und komponiert assoziativ ein abstraktes Panorama, in dem sich Graffiti-Elemente wie Ornamente über der Bildfläche verteilen.

Keine andere Kunsthochschule in der Bundesrepublik wird derart mit qualitätsvoller junger Fotografie in Verbindung gebracht wie die Folkwang Universität der Künste in Essen. Entsprechend versammelt der von Dr. Uwe Schramm kuratierte Teil der Ausstellung auch exzellente und vielversprechende junge Künstler, die sich intensiv mit dem Medium und seinen Implikationen auseinandersetzen: David Ertl (1977), Johanna Kopp (1981), Anna Kranzusch (1979), Kerstin Meincke (1981), Sabrina Neef (1979), Thomas Ries (1976) und Valerie Schmidt (1982).

David Ertl beschäftigt sich mit Nutzpflanzen – der Zähmung und Vernichtung von Natur in der kultivierten Landwirtschaft –, fotografiert abgeerntete Rote-Beete-Felder wie blutige Schlachtfelder, während Anna Kranzusch Einzelbilder aus unterschiedlichen Kontexten und Zeiten seriell zu einer narrativen Reihe komponiert, die eine Geschichte zu erzählen scheint und gleichzeitig über den Zufall die Grundfesten des Geschichtenerzählens – Kausalität und Linearität – suspendiert.

Konzeptionelle Arbeit

Sehr konzeptionell und äußerst spannend ist die Arbeit „Tafeln“ von Thomas Ries, der 42-mal dieselbe Tafel fotografiert, die zuvor unterschiedlich bearbeitet wurde: mit einer Kreidezeichnung, mit einem Strick, der ein Linienmuster bildet, mit unterschiedlichen Projektionen. Die Schwarzweißaufnahmen geben sich dokumentarisch, stellen zugleich aber ihren Abbildcharakter in Frage und verweisen so auf die Fotografie als Medium der Kunst.

„Meeting Point“ ist der Auftakt zu einer Reihe, die sich Freunde junger Kunst auf den Merkzettel schreiben sollten. Am 26. Mai lädt die Kommunale Galerie zum Kunstbrunch unter dem Titel „Dax Dow Art: Kunst Wert Heute“ – eine gute Gelegenheit, auch die Ausstellung zu besuchen. ANGELA HOHMANN

■ Bis 4. Juni, Kommunale Galerie, Hohenzollerndamm 176, Di.–Fr. 10–17 Uhr, Mi. 10–19 Uhr, So. 11–17 Uhr