Verbraucher ohne Schutz

In einem Musterprozess wird RWE die gestiegenen Gaspreise rechtfertigen müssen. Solch angewandter Kundenschutz wird künftig schwieriger: Land kürzt bei Verbraucherzentralen

VON SEBASTIAN HEISER

Mit einer Musterklage gegen den Gasversorger RWE Westfalen-Weser-Ems wird die Verbraucherzentrale gegen die gestiegenen Gaspreise vorgehen. Bei einem Erfolg vor Gericht können Kunden, die ihre Gaspreiserhöhungen unter Vorbehalt bezahlt haben, auf Rückzahlung von einigen hundert Euro hoffen. Mittelbar werde das Urteil jedoch auch für die Kunden aller Gasversorger gelten, sagte Verbraucherjurist Jürgen Schröder gestern in Düsseldorf.

Gleichzeitig legte der Verband seine Jahresbilanz 2005 vor: Rund eine Million Bürger holten sich persönliche Beratung in den 54 Zweigstellen. Die Zahl der Bürger, die sich über das Internet informierten, stieg von 3,1 Millionen im Vorjahr auf 4,6 Millionen. Und in Zukunft könnten es noch mehr werden, wenn die Verbraucherzentrale tatsächlich Geschäftsstellen schließen muss und die Verbraucher vor Ort keinen Rat mehr finden.

Denn der Landtag berät heute und morgen in letzter Lesung den Landeshaushalt. Wenn die darin vorgesehenen Kürzungen der Zuschüsse an die Verbraucherzentrale durchkommen, müssten bis zu fünf Zentralen schließen. Auf den Prüfstand kommen dann die Standorte in Aachen, Bergisch Gladbach, Düren, Minden, Mönchengladbach, Siegen, Velbert und Wesel.

2005 lag die institutionelle Förderung durch das Landesministerium für Verbraucherschutz noch bei knapp 9,9 Millionen Euro und machte fast 40 Prozent der Einnahmen aus. Weitere Zuschüsse von Landes- oder Bundesministerien flossen in einzelne Projekte, gut vier Millionen Euro kamen über Beratungsgebühren in die Kasse. Bei der institutionellen Förderung, die vor allem in Personal und Mieten für die Geschäftsstellen fließt, will das Land nun etwa zehn Prozent einsparen.

Bereits mit dem Haushalt 2004/2005 hatte die Landesregierung ihre Zuschüsse an die Verbraucherzentralen um einen vergleichbaren Betrag gekürzt. Diese Kürzung konnten die Verbraucherschützer noch teilweise auffangen, indem sie mehr Gelder für einzelne Projekte erhielten, wie etwa für Energieberatung mit Infoständen. „Doch damit können wir nicht die Arbeit in unseren Geschäftsstellen finanzieren“, sagte Schaffartzik gestern. Nur bei einer institutionellen Förderung könne man flexibel auf die Beratungswünsche der Verbraucher reagieren.

Von der Landesregierung hieß es dagegen, jeder müsse einen Sparbeitrag erbringen. Mit zehn Prozent würden die Kürzungen im vergleich zu den Zuschüssen für andere Organisationen noch vergleichsweise gering ausfallen, sagte ein Sprecher des Verbraucherministeriums.