Nahost-Quartett will wieder zahlen

Um die dringendste humanitäre Not in den Palästinensergebieten zu lindern, wollen EU, USA, Russland und Vereinte Nationen Hilfe an der Hamas-Regierung vorbei organisieren. Israel begrüßt die Entscheidung, die Palästinenser bleiben misstrauisch

VON SUSANNE KNAUL
UND DANIELA WEINGÄRTNER

Israel reagiert mit Zustimmung, die Palästinenser reagieren mit Misstrauen auf die Entscheidung des so genannten Nahost-Quartetts, ein finanzielles Hilfsprogramm zur Linderung der humanitären Not im Gaza-Streifen und im Westjordanland einzurichten. Justizministerin Zippi Livni begrüßte in Jerusalem den „definitiv sinnvollen“ Plan, während der palästinensische Premierminister Ismail Hanije den Versuch der westlichen Geberländer verurteilte, die palästinensische Regierung zur Anerkennung Israels und damit „der illegalen Besatzung“ zu zwingen. Dennoch lehnte Hanije die geplanten Zahlungen, die an seiner Regierung vorbeigeführt werden sollen, grundsätzlich nicht ab.

Um welche Summe es sich bei den geplanten Hilfszahlungen handelt, blieb zunächst offen. Die am Dienstagabend getroffene Entscheidung gilt zunächst für eine Probezeit von drei Monaten.

Erklärtes Ziel ist dabei, „einen temporären internationalen Mechanismus in Gang zu setzen“, um die „Lieferung von Hilfsgeldern direkt an das palästinensische Volk zu garantieren“. Dabei ginge es zentral um Gelder für das Gesundheits- und Erziehungswesen, die weder über das Präsidentschaftsamt von Mahmud Abbas noch über die Regierung fließen sollen. Die EU will zudem auf Israel einwirken, die nach dem Wahlsieg der Hamas eingefrorenen Überweisungen der palästinensischen Steuergelder wieder aufzunehmen. Auch arabische Gebernationen seien eingeladen, die neuen Kanäle zu nutzen.

Dass Israel auf den EU-Vorschlag eingeht, ist kaum zu erwarten, denn die Regierung in Jerusalem befürwortet zwar die Hilfe zur Linderung der humanitären Not, lehnt aber gleichzeitig eine Finanzierung der Beamtengehälter ab. Die Gelder des Quartetts sollten ausschließlich für medizinische Ausrüstungen und Medikamente genutzt werden, verlautete aus Regierungskreisen. Die Gehälter der rund 165.000 Mitarbeiter der Autonomiebehörde wurden bis vor zwei Monaten zum Großteil aus den palästinensischen Steuergeldern beglichen. Der von der EU getragene Anteil beträgt weniger als 10 Prozent. Wie aus Brüssel weiter verlautete, hält die EU derzeit eine Summe von 125 Millionen Euro zurück, die größtenteils für konkrete Projekte eingesetzt werden sollte.

Die USA, die bislang den härtesten Kurs gegen die Hamas-Regierung verfolgten, gaben dem Druck der Quartett-Partner, EU, UNO und Russland, nach, um einen Zusammenbruch der Autonomiebehörde aufzuhalten. Diese Woche wurden die Treibstofflieferungen aus Israel eingestellt. Arabische Spendernationen warnten vor der Gefahr eines Bürgerkrieges. In den vergangenen Tagen kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Bewaffneten der Hamas und der Fatah, bei denen am Dienstag erneut neun Menschen verletzt wurden, darunter fünf Kinder. Vertreter beider Gruppen einigten sich noch in der Nacht zu gestern auf gemeinsame Anstrengungen, die Gewalt im Gaza-Streifen zu beenden.