PALÄSTINA: ERST DER GEWALTVERZICHT, DANN DIE ANERKENNUNG
: Die Hamas ist nicht das Schlimmste

Die israelische Regierung begrüßt die Zahlung westlicher Gelder zur Linderung der palästinensischen Not. Haben die Politiker in Jerusalem plötzlich ihr Herz für den leidenden Nachbarn entdeckt? Eher schon setzt sich in den Köpfen der neuen Entscheidungsmacher die Einsicht durch, dass ein Scheitern der Hamas die Lage Israels nicht unbedingt verbessert.

Die blutigen Auseinandersetzungen im Gaza-Streifen sind richtungsweisend. Je länger das palästinensische Volk ausgehungert wird, desto mehr droht die Situation aus dem Ruder zu laufen. Die Anhänger von Hamas und Fatah wissen, wie unsinnig es ist, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, wo ihr eigentlicher Feind hinter den Trennanlagen sitzt. Sie tun es trotzdem, vermutlich sogar zur Freude einiger Israelis, die dem blutigen Treiben einmal nicht als mögliche Opfer, sondern aus sicherer Entfernung zuschauen.

Die Genugtuung dürfte allerdings von kurzer Dauer sein, denn ein Chaos in den Palästinensergebieten würde früher oder später auch auf Israel übergreifen. Die Vorstellung, dass ein Zusammenbruch der von der Hamas geführten Autonomiebehörde zu Neuwahlen und der Rückkehr der moderateren Fatah-Bewegung führen wird, ist ein Irrglaube. Wahrscheinlicher ist, dass sich die demoralisierten Menschen noch leichter für noch rabiatere Rädelsführer rekrutieren lassen.

Ebenso ist die Vorstellung, man könne mit ein paar Euro für die palästinensischen Krankenkassen das Schlimmste verhindern, ein Irrglaube. Rund ein Viertel der palästinensischen Bevölkerung lebt von den Gehältern der Autonomiebehörde. Eine regelmäßig Zahlung kann nur gewährleistet werden, wenn die von Israel eingefrorenen Steuergelder wieder freigegeben werden.

Die Finanzierung der Beamtengehälter stützt auf jeden Fall die Regierung, egal über welche Kanäle das Geld fließt. Wer eine Katastrophe vermeiden will, muss die Bedingungen bedenken, die an die Zahlungen geknüpft werden. Jetzt nötig ist der Gewaltverzicht. Die Anerkennung Israels kann später folgen. SUSANNE KNAUL