die taz vor 10 jahren zur strafbarkeit der vergewaltigung in ehen
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Jetzt ist es durch: Vergewaltigung in der Ehe ist strafbar. Was vorliegt, ist ein schaler Kompromiß, und lange gedauert hat es auch. Seit 20 Jahren fordern Feministinnen ein solches Gesetz, in den 70er Jahren scheiterten sozialdemokratische Politikerinnen mit ihrem damaligen Entwurf knapp, und das Antidiskriminierungsgesetz der Bündnisgrünen endete mit der deutschen Einheit. Als das Europäische Parlament 1986 forderte, Vergewaltigung innerhalb und außerhalb der Ehe in allen Mitgliedsländern rechtlich gleich zu behandeln, reagierte Italien als erstes Land, Großbritannien folgte, und nun konnten sich also auch die deutschen ChristdemokratInnen nicht mehr gegen das öffentliche Bewußtsein sperren.

Was die CDU letztlich dazu bewegt hat, einzulenken, darüber läßt sich nur spekulieren. Sie hat sich allerdings keineswegs von dem grotesken Mißverständnis verabschiedet, der Staat könne seinen Auftrag aus Artikel 6 der Grundgesetzes zum „besonderen Schutz von Ehe und Familie“ durch besondere Schutzlosigkeit der Ehefrau erfüllen. Das zeigt die im Gesetz enthaltene Widerspruchklausel, die besagt, das auf Wunsch der Frau das Verfahren wieder eingestellt werden kann. Kein anderes Offizialdelikt ist mit einer solchen Klausel versehen. Durch die Klausel unterscheidet das Gesetz eben doch zwischen Vergewaltigungen innerhalb und außerhalb der Ehe. Eine besondere Unverschämtheit ist, daß das Gesetz behinderte Frauen diskriminiert: Ihre Vergewaltigung wird mit einer Mindeststrafe von einem Jahr gegenüber zwei Jahren bei Nichtbehinderten bestraft. Das Gesetz wurde unter anderem verhindert, weil es ein Schlag gegen das uneingeschränkte Recht des Ehemannes auf die sexuellen Dienste seiner Frau ist. Wenn es offensiv genutzt wird, kann es eine Hilfe sein, Frauen klarzumachen, daß ihr Mann eben nicht immer darf, wenn er will. Studien zeigen, das Unrechtsbewußtsein von vergewaltigenden Ehemännern steigt durch ein solches Gesetz. Karin Gabbert, 10. 5. 1996