DER CRASHKURS
: So gewinnt man gegen die CSU

Bayern war das letzte Land, das Flüchtlinge in Heimen flächendeckend mit Essenspaketen versorgte. Damit ist jetzt Schluss

Wie lief das?

12.000 der 19.000 in Bayern lebenden Asylbewerber und Geduldeten sind in Heimen untergebracht. Dort leben sie oft jahrelang. Selbst einkaufen, aussuchen, was auf den Tisch kommt, ist nicht möglich. Statt Bargeld bekommen sie Sozialleistungen fertig abgepackt. Private Firmen liefern die Pakete und verdienen daran gut.

Was sollte das?

Schikane. CSU-Chef Horst Seehofer erklärte das so: Die Lebensbedingungen sollen „keine Anreize schaffen“, um weitere Asylbewerber ins Land zu locken. Diesen Gedanken spann die CSU weiter und machte daraus ein Gesetz. In der bayerischen Durchführungsverordnung Asyl hieß es: Die Unterbringung im Lager „soll die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern“.

Was ist passiert?

Seit 2003 haben Flüchtlinge in Bayern gegen die Lager und die Essenspakete protestiert. Sie fühlten sich entmündigt, es gab Boykotts und Hungerstreiks. Die CSU blieb davon stets unbeeindruckt. Seit 2012 radikalisierte eine Gruppe von Flüchtlingen aus Bayern den Protest. In München und Berlin traten sie in den Durststreik, drohten mit kollektivem Suizid. Danach lenkte die CSU ein: Essenspakete werden abgeschafft. Künftig zahlt auch Bayern Asylsuchenden Sozialleistungen in bar aus. Außerdem wird die Dauer des Arbeitsverbots verkürzt. Geht es nach der CSU, können Asylbewerber künftig schon sechs Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland eine Stelle annehmen, wenn sich kein Deutscher dafür findet. Genau diese Verkürzung hatte die CSU auf Bundesebene noch verhindert.

Was lernt man daraus?

Manchmal hilft nur Eskalation. Mit konventionellem Protest, und war er noch so ausdauernd, haben die Flüchtlinge nichts erreicht. Erst als sie Protestformen wählten, die sonst nur in Diktaturen praktiziert werden, machte die CSU Zugeständnisse und erlaubte ihnen eine Selbstverständlichkeit: selbst zu entscheiden, was man isst.

CHRISTIAN JAKOB