Klage trotz Entschädigung für Kundus-Opfer

AFGHANISTAN Die Regierung will 400.000 Euro an Angehörige der Opfer des Kundus-Luftangriffs zahlen. Das ist viel zu wenig, sagt ihr Anwalt

BERLIN dpa | Trotz des Beginns der Entschädigungen für die verheerenden Luftanschläge von Kundus wollen die Anwälte einiger Opfer klagen. „Wir werden Klage einreichen“, sagte der Bremer Jurist Bernhard Docke der Nachrichtenagentur dpa am Freitag. Der von der Regierung angekündigte Betrag von 400.000 Euro sei viel zu niedrig.

„Wir können uns in keiner Weise mit dieser Summe zufriedengeben. Unsere Mandanten werden das nicht akzeptieren“, betonte Docke. Er vertritt gemeinsam mit dem Anwalt Karim Popal nach eigenen Angaben 80 Angehörige von Opfern des Bombardements, bei dem am 4. September 2009 bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt wurden. Wie viele Zivilisten darunter waren, ist bis heute unklar.

Der Kommandeur des deutschen Wiederaufbauteams in der nordafghanischen Provinz hatte am Mittwoch mit Dorfältesten und Regierungsvertretern Gespräche über die Verteilung der 400.000 Euro aufgenommen. Das Geld soll direkt ausgezahlt werden oder als Sachleistungen an die Opferfamilien gehen. Eine unabhängige Schiedskommission soll klären, wie viele Opfer Anspruch auf Entschädigung haben. Es wird vermutet, dass es etwa 100 sind. Damit würde die Entschädigung durchschnittlich 4.000 Euro betragen.

Für die Dörfer in der Gegend des Bombardements hatte das Verteidigungsministerium bereits im Winter eine Hilfe von 150.000 Euro zur Verfügung gestellt. Gespräche mit den Bremer Opferanwälten Popal und Docke über eine zweite Stufe der Entschädigung hatte das Ministerium im April abgebrochen, weil die Mandatslage ungeklärt sei.

Nach Angaben Dockes ist Popal derzeit in Afghanistan, um mit den Mandanten über die von der Bundesregierung angestrebte Entschädigung im Wert von 400.000 Euro zu sprechen. „Bislang ist ja überhaupt noch nichts gezahlt worden“, sagte Docke. Wenn Geld fließen sollte, dürften die Opfer und ihre Angehörigen das auf keinen Fall mit der Maßgabe annehmen, dass damit mögliche weitere Ansprüche erledigt seien.