Spanien ist schon anderthalb Grad wärmer

Spanische Gewerkschaft fordert von Europas größtem Treibhaus-Emmisär endlich eine abgestimmte Klimapolitik

MADRID taz ■ Spanien ist die größte Dreckschleuder weltweit. Das zeigt eine Studie der wichtigsten Gewerkschaft des Landes, CCOO. „Die Emission von Treibhausgasen lag 2005 um 52,88 Prozent höher als 1990“, lautet das Resümee in nüchternen Zahlen. „Kein anderes Industrieland verzeichnet einen so starken Zuwachs wie Spanien.“ 1990 ist das Jahr, das im Klimaschutzabkommen von Kioto als Referenzjahr genommen wurde. Die EU verpflichtete sich bis 2012 die Emissionen von Treibhausgasen gegenüber 1990 um 8 Prozent zu senken. Bei der internen Umverteilung wurde Spanien wegen seines industriellen Nachholbedarfs ein Zuwachs von 15 Prozent zugestanden. Ein Ziel, das nicht mehr zu erfüllen ist. Das wird teuer für Spanien. Denn wer ab 2008 gegen die ihm zugestandene Quote verstößt, muss bei anderen Ländern Verschmutzungsrechte kaufen. „Spanien wird Rechte für den Ausstoß von 100 bis 108 Millionen Tonnen Treibhausgas pro Jahr kaufen müssen“, meint der für Umwelt zuständige Gewerkschafter Joaquín Nieto. Kosten: rund 6 Milliarden Euro jährlich.

Allein 2005 stieg der Energieverbrauch um drei Prozent, der Verbrauch fossiler Brennstoffe um 5,26 Prozent. Die Stromgewinnung ist der Hauptschuldige an der Zunahme der Emissionen, gefolgt vom Transportsektor. Die anhaltende Trockenheit der letzten Jahren hat die Tendenz verstärkt: Leere Stauseen erzeugen keinen Strom aus Wasserkraft. „Wir brauchen eine nationale Strategie gegen den Klimawandel“, fordert Nieto. Er wirft der Regierung vor, „in sich unlogisch“ zu handeln: Ministerien stimmten ihre Pläne nicht ab, es mangele an einer wirksamen Verkehrspolitik.

Statt auf Öl und Gas müsse Spanien verstärkt auf Sonnenenergie setzten, fordert die Gewerkschaft CCOO. Studien zeigen, dass mit ihr ganz Spanien versorgt werden könnte. Und auch in der Verkehrspolitik sei ein Umdenken nötig. Kein anderes westeuropäisches Land investiere so wenig ins Schienensystem – und so viel in sein Straßennetz. Spanien ist nicht nur Haupttäter, sondern auch eines der größten Opfer des Klimawandels. So stieg die durchschnittliche Temperatur zwischen 1970 und 2000 um 1,5 Grad. Die zunehmende Versteppung weiter Landesteile sind bereits heute Realität. Durch den Anstieg des Meeresspiegels wird das Land Strände und damit seine Haupteinnahmequelle verlieren. Experten prophezeien gar die Zunahme tropischer Krankheiten in Spanien.

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