Bei Kontakt Allergie

Wenn beim Kontakt mit einer Substanz die Haut schwillt, rot wird oder juckt, fällt der Verdacht auf chemische Stoffe. Doch auch pflanzliche Stoffe können Kontaktallergien auslösen

VON MARTINA JANNING

Die neue Creme sollte das Gesicht zart und schön machen. Doch stattdessen schwoll die Haut an, rötete sich und juckte ohne Unterlass. Ursache des Übels war ein Inhaltsstoff, auf den der Körper allergisch reagierte. Kein Einzelfall. Etwa neun Prozent der Deutschen leiden an einer Kontaktallergie, schätzt der Deutsche Allergie- und Asthmabund.

Das Spektrum der allergenen Stoffe ist groß. Chemische Verbindungen wie Konservierungsstoffe und Färbemittel gehören dazu, aber auch Naturprodukte wie Latex und ätherische Öle. Experten erstellen jährlich eine Hitliste der häufigsten Kontaktallergene. Spitzenreiter ist seit Jahren das Metall Nickel, gefolgt von Duftstoffen.

Um sich und ihrer Haut Gutes zu tun, greifen immer mehr Verbraucher zu Cremes, Salben und Shampoos auf pflanzlicher Basis. Doch der Glaube an gute Verträglichkeit erweist sich vielfach als Irrtum. Hautärzte warnen mittlerweile: Allergien durch Naturkosmetik sind auf dem Vormarsch. „Für viele ist es geradezu ein Schock, wenn anscheinend harmlose Pflanzenstoffe wie Teebaumöl oder Arnika eine lebenslange Kontaktallergie verursachen“, berichtet Thomas Fuchs vom Ärzteverband Deutscher Allergologen.

Gertraud Kremer, Hautärztin aus Berlin setzt noch einen drauf: „Natürliche Substanzen können zu sehr schlimmen Symptomen führen.“ Für Menschen mit dünner Haut sei Naturkosmetik nicht empfehlenswert. Sie sei oft einfach zu scharf. „Für Neurodermitiker und Allergikern ist Naturkosmetik gar nicht geeignet“, urteilt die Fachärztin. „Grundsätzlich gilt, vor allem pflanzliche Kosmetik sollte nur auf gesunde Haut aufgetragen werden.“

Zwei Vorteile sieht Kremer bei Naturkosmetik allerdings: „Sie enthält weniger Substanzen als konventionelle Kosmetik, und ihre Deklarierung ist sehr gut.“ Das erleichtert die Allergensuche. Ist der kritische Bestandteil identifiziert, kann das Produkt bewusst gegen ein allergenfreies ausgetauscht werden. Der Weg dahin ist jedoch mühselig. „Das Problem bei einer Kontaktallergie ist, dass die Symptome erst nach drei bis fünf Tagen auftreten“, erläutert sie. „Die auslösende Substanz zu finden, ist deshalb echte Detektivarbeit.“ Peu à peu klopft die Dermatologin die häufigsten Allergene im Gespräch ab, lässt Patienten Allergietagebücher führen und macht Pflastertests mit Stoffen aus einem Lebens- oder Berufsbereich, in dem der Kontakt stattgefunden haben kann. Die Testreihen werden auf den Rücken des Erkrankten geklebt und für zwei bis drei Tage dort belassen. Danach liest die Ärztin das Ergebnis ab. Rötungen und Bläschen sind untrügliche Zeichen für einen Treffer: der Allergie auslösende Stoff ist dann in der Regel gefunden.

Für den Pflastertest bringen Patienten auch eigene Pflege- und Schönheitspräparate mit in die Arztpraxis. Aber bei Kosmetik lässt sich das Allergen nicht immer exakt bestimmen, da nicht alle Inhaltsstoffe auf den Packungen angegeben werden. In begründeten Verdachtsfällen fragt die Hautärztin deshalb beim jeweiligen Hersteller nach. „Firmen, die die Rezepturen nicht preisgeben wollen, schicken dann zum Beispiel kleine Proben mit den enthaltenden Substanzen.“

Zur Behandlung einer Kontaktallergie setzen Ärzte meist kortisonhaltige Salben ein. Kremer: „Sie bringen sofort Linderung. Das Abheilen eines schweren Kontaktekzems würde ansonsten sechs bis acht Wochen dauern.“ Danach gilt vor allem: sich vor dem Allergieauslöser schützen.

Das ist nicht immer ganz einfach. So müssen Hersteller innerhalb der europäischen Union zwar 26 allergene Duftstoffe seit Anfang 2005 angeben, sobald sie bestimmte Konzentrationen übersteigen. Aber ein Parfum enthält manchmal hunderte von Duftstoffen, die nicht alle auf der Packung angegeben werden können. Kritiker der Richtlinie urteilen daher: eine Hilfe, aber kein Schutz. Dabei ist eine allergische Hautreizung keine Lappalie.

„Eine Kontaktallergie kann sich manchmal verlieren, doch meist reagiert jemand sein Leben lang allergisch“, weiß Kremer. Bei Farbstoffen, Haar- und Textilfarben werde es sogar bei jeder Berührung schlimmer; bei einer Latexallergie kann zu den Hautreizungen sogar Asthma hinzukommen.

Warum die Haut auf bestimmte Substanzen allergisch reagiert, ist noch ungeklärt. Bekannt ist allerdings, dass der erste Kontakt mit einem Allergie auslösenden Stoff folgenlos bleibt. Erst danach wappnet der Körper sich gegen nachfolgende Berührungen. Beim nächsten Kontakt kommt es zur Reaktion: Das Immunsystem der Haut wird aktiviert und eine Entzündung entsteht, um das Allergen abzuwehren.