Eine abgefahrene Aktion

PROTESTE I Saudische Aktivistinnen trotzen dem Verbot für Frauen, Auto zu fahren, und setzen sich hinter das Steuer. Die Polizei reagiert deutlich zurückhaltender als sonst

„Männer sind es nicht gewohnt, fahrende Frauen zu sehen“

SAUDISCHE AKTIVISTIN

RIAD/BERLIN ap/taz | Ungeachtet von Einschüchterungsmaßnahmen im Vorfeld haben sich in Saudi-Arabien mehrere Dutzend Frauen am Samstag an einem Aktionstag gegen das Fahrverbot beteiligt. Professorin und Mitinitiatorin Asisa Jussef sagte, sie hätten 13 Videos und 50 Anrufe von Frauen erhalten, die Auto gefahren seien. Sie könne das allerdings nicht beweisen. Andere Aktivistinnen sprachen von mindestens 25 Frauen, die im Auto unterwegs gewesen seien. In Saudi-Arabien ist Autofahren für Frauen verboten.

Eines der Videos zeigt eine Frau am Steuer, die in der Hauptstadt Riad einkaufen fährt. Sie sagt, sie habe ihren Führerschein wie viele andere Frauen im Ausland erworben. „Ich bin sehr glücklich und stolz, dass es keine negativen Folgen für mich hatte“, sagte sie gegenüber AP am Telefon. „Es fuhren einige Autos vorbei. Die Männer waren überrascht, aber es waren nur Seitenblicke. Das ist schön. Sie sind es nicht gewohnt, hier fahrende Frauen zu sehen.“

Sie sei aber auch darauf vorbereitet gewesen, in Haft zu kommen, falls sie gefasst worden wäre. Aber sie sei weit genug entfernt gewesen von Polizeiautos, um nicht entdeckt zu werden. „Ich fuhr nicht weit, aber es war großartig“, sagte sie.

Ihre Familie habe zu Hause gewartet und sie nervös angerufen, als sie am Lebensmittelgeschäft angekommen sei, sagte sie. Sie habe eine örtliche Fernsehreporterin im Auto mitgenommen. In ihrem Fahrzeug hätten sich keine Männer befunden.

Die Initiatorinnen der Kampagne sprachen von einem vollen Erfolg. In der Vergangenheit hatte die saudische Polizei auf solche Proteste hart reagiert. So mussten nach den ersten Aktionen gegen das Fahrverbot im Jahr 1990 rund 50 Frauen, die Autos fuhren, für einen Tag ins Gefängnis. Sie mussten ihre Ausweise abgeben und verloren ihre Jobs. Im Juni 2011 setzten sich 40 Frauen in verschiedenen Städten hinters Steuer. Eine Frau wurde festgenommen, nachdem sie ein Video veröffentlicht hatte, das sie selbst beim Fahren zeigte.

Dieses Mal waren die Sicherheitsbehörden deutlich zurückhaltender. Am Samstag wurden in Riad laut CNN fünf Frauen beim Fahren erwischt, die jedoch nicht zu Polizeistationen gebracht wurden. Stattdessen mussten sie im Auto auf ihren männlichen Vormund warten, der dann das Steuer übernahm. Außerdem mussten sie eine Erklärung unterschreiben, dass sie nicht wieder Auto fahren werden. Laut der britischen BBC hatten die Polizisten entsprechende Anweisungen erhalten.

Vor dem Protesttag hatte die Polizei gewarnt, jede/r, der die öffentliche Ordnung störe, werde hart bestraft. Mächtige Geistliche, die weitreichenden Einfluss im Königreich haben, beharren auf dem Verbot und warnen, es zu brechen, würde „Zügellosigkeit“ zur Folge haben. Sie hatten bereits gegen eine Online-Petition protestiert, die Ende September präsentiert worden war, nach der es mehr als 16.000 Unterstützer für die Frauen gebe. Auch saudische Medien berichteten über die Kampagne und die damit verbundene Kontroverse. B.S.