Wieder einer weg

DAUERBAUSTELLE BER-Aufsichtsrat setzt Technikchef Horst Amann ab. Der Gewinner des internen Machtkampfes heißt Hartmut Mehdorn. Wann der Flughafen eröffnet wird und was er bis dahin kostet, bleibt indes weiterhin unklar. Grüne fordern Wowereits Rückzug

Amann ist künftig für den Einkauf von Strom und Abwasserbeseitigung zuständig. Bislang ist er sein einziger Mitarbeiter

AUS BERLIN SEBASTIAN HEISER

Der Führungsstreit im Vorstand der Berliner Flughafengesellschaft ist eskaliert: Nachdem der Aufsichtsrat auf seiner Krisensitzung am Mittwoch den ganzen Tag beriet, setzte er Technikchef Horst Amann ab. Der erfahrene Planer war erst vor gut einem Jahr an die Dauerbaustelle des Berliner Flughafens BER geholt worden, um die Arbeiten schnell zu beenden. Zuletzt hatte er sich jedoch in einen Machtkampf mit dem Vorstandsvorsitzenden und ehemaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn verstrickt.

Ralf Christoffers (Linke), Aufsichtsratsmitglied und Brandenburger Wirtschaftsminister, kommentierte den Zoff zwischen den beiden am Donnerstag: „Ich bedauere, dass zwei gestandene Persönlichkeiten aufgrund von inhaltlichen und persönlichen Differenzen in der Form zusammengearbeitet haben.“ Es gebe „keine andere Lösung, als hier eine Trennung herbeizuführen“. Unterdessen gibt es weiterhin keinen Terminplan. Auch bei den Kosten ist kein Ende in Sicht: „Ob es 5 Milliarden Euro werden oder ob es darüber hinausgeht, ist im Moment reine Spekulation“, sagte Christoffers.

Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast kritisierte Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD): „Nach zehn Jahren Wowereit im Aufsichtsrat gibt es keinen Eröffnungstermin, aber Kosten ohne Ende.“ Grünen-Fraktionschef Toni Hofreiter forderte Wowereits Rückzug aus dem Gremium.

Eigentümer der Flughafengesellschaft sind Berlin, Brandenburg und der Bund. Ursprünglich sollten am 3. Juni 2012 die ersten Passagiere abfliegen. Knapp vier Wochen vorher musste der Vorstand die Eröffnung absagen.

Als Konsequenz aus dem Debakel holte der Aufsichtsrat Horst Amann. Der hatte zuvor die neue Hochgeschwindigkeitstrasse für Züge zwischen Köln und Frankfurt geplant sowie am Frankfurter Flughafen den Fernbahnhof und die Landebahn Nordwest. „Mit dem Planungschef Horst Amann ist wieder Verlässlichkeit hergestellt“, sagte Wowereit damals im Landesparlament.

Amann legte schnell einen neuen Terminplan vor: Am 27. Oktober 2013 (also übermorgen) sollte der neue Berlin-Brandenburger Großflughafen nun eröffnet werden. Er kündigte auch an, dass der Kostenrahmen von 4,3 Milliarden Euro zu halten sei. Vier Monate später musste er eingestehen, dass aus dem Termin nichts werde. Eine gründliche Untersuchung des bereits weit fortgeschrittenen Baus ergab stattliche 75.000 Mängel – von der kaputten Fliese über den Farbabplatzer bis zum nicht funktionierenden Brandschutz, der bis heute das Hauptproblem ist. Amanns Strategie war, die Mängel der Reihe nach zu erfassen und dann alle abzuarbeiten.

Anfang dieses Jahres wechselte der Aufsichtsrat auch den Geschäftsführer aus und holte Hartmut Mehdorn an die Spitze des Unternehmens. Amann dachte, dass Mehdorn sich auf Auftritte nach außen konzentriere: „Ich brauche niemanden, der den Flughafen fertigbaut – das kann ich allein.“

Doch der durchsetzungsstarke Mehdorn hat seine eigenen Pläne: Von einem bereits fertigen Seitenflügel aus sollen die ersten Flieger starten, während am Hauptgebäude noch weiter gearbeitet wird. Damit will Mehdorn auch die Schockstarre unter den Mitarbeitern überwinden: „Es ist wichtig für alle, die da arbeiten, dass sie sehen: Wir sind hier im Fertigstellungsprozess. Das hat auch was mit Psychologie zu tun.“

Gleichzeitig griff Mehdorn bei einer Anhörung im Parlament seinen Technikchef an: „Ich verstehe nicht, warum da in den letzten zwölf Monaten eigentlich nichts – oder nur ganz wenig – getan worden ist“, sagte er. Man müsse „langsam wieder Personal in die Baustelle kriegen, das arbeitet, nicht plant“.

Der Aufsichtsrat forderte die hochbezahlten Manager mehrfach auf, ihre Streitigkeiten einzustellen – ohne Erfolg. Amann wird nun formal nicht entlassen, er wechselt stattdessen in eine Flughafen-Tochtergesellschaft, die für den Einkauf von Strom, Wärme, Kälte, Wasser sowie die Beseitigung des Abwassers zuständig ist. Bislang hatte diese Gesellschaft keinen einzigen Mitarbeiter. Wenn Amann dort am 1. November anfängt, wird er also sein eigener Chef.