SOUNDTRACK FÜR DIE FUSSBALL-WM IN SÜDAFRIKA
: Hohepriester der Party-Ekstase am Kap

Schon weit vor dem Anpfiff zur Fußball-WM in Südafrika gab es große Aufregung um die armlange Fan-Tröte Vuvuzela, mit der man so markerschütternde Geräusche wie ein waidwunder Elefant oder ein Nebelhorn machen kann. Bis in die höchsten Ränge der Fifa hinauf musste man klarstellen, dass es zu keinem Verbot in den Stadien kommen würde.

Kenner der südafrikanischen Musikszene wissen ohnehin, wovor man sich am Kap viel mehr fürchten sollte, wenn einem die eigenen Ohren lieb sind – vor Kwaito, der mit seinen bollernden House-Beats zum coolen Sprechgesang in Zulu, Xhosa und Township-Englisch dort allgegenwärtig ist. In dieser Party-Musik drückt sich seit dem Fall des Apartheid-Regimes das neue Selbstbewusstsein der schwarzen Bevölkerungsmehrheit aus. Inzwischen ist um Kwaito herum eine regelrechte Entertainment-Industrie gewachsen, und heute ist es das populärste Genre des Landes: ob im Radio oder im Fernsehen, auf Hochzeiten, im Sammeltaxi oder aus dem Ghettoblaster auf der Straße – es gibt kein Entkommen.

Ständig bringt das pulsierende Genre neue Stars mit seltsamen Namen wie DJ Clock, DJ Mujave oder DJ Sumsthyn Black hervor. Einen Einblick in die aktuelle Szene gibt der Sampler „Ayobaness!“. Der Titel geht auf den populären Schlachtruf „Ayoba“ zurück, mit dem man am Kap seiner Begeisterung Ausdruck verleiht. Darauf spielte der Hit „Ayobaness“ an, der in den letzten Jahren die Tanzflächen von Johannesburg bis Durban zum Beben gebracht hat und jetzt auf dem Sampler enthalten ist. Er stammt von einem gewissen Pastor Mbhobho – einem ehemaligen Radio-Comedy-Star, der nun als Kwaito-Musiker eine zweite Karriere macht und sich gerne hinter Priesterkostüm, riesiger Afro-Perücke und dickem Goldschmuck verbirgt.

In den letzten Jahren hat das Interesse an exotischen Dancefloor-Stilen wie brasilianischem Baile Funk aus den Favelas, Cumbia-Rap aus Kolumbien oder angolanischem Kuduru im Westen stark zugenommen. Die Fußball-WM in Südafrika bietet nun die Chance, die boomende House-Szene vom Kap ins Rampenlicht zu rücken.

Wie in anderen urbanen Club-Genres auch geht es beim Kwaito meist ums Feiern bis zum Abwinken oder um profane Liebesdinge. Politische Aussagen, die zu Zeiten von Miriam Makeba und Hugh Masekela mal ein Markenzeichen der südafrikanischen Musik waren, sucht man dagegen vergeblich. Für Südafrika ist das nichts Schlechtes: Es erinnert daran, dass sich dort manche Dinge gründlich zum Besseren gewendet haben.

■ „Ayobaness! The Sound of South African House“ (Outhere)