Geld für Gehälter fließt an Hamas vorbei

Mitarbeiter der Palästinensischen Autonomiebehörde bekommen ihren Lohn. Gesandter des Nahost-Quartetts gibt auf

JERUSALEM taz ■ Die Beamten der Palästinensischen Autonomiebehörde, die seit zwei Monaten auf ihre Gehälter warten, können neue Hoffnung schöpfen. Mehrere arabische Staaten überwiesen insgesamt rund 70 Millionen Dollar auf ein Konto der Arabischen Liga. Die Überweisung über die Arab Bank an die palästinensische Regierung scheiterte vorläufig an der Angst vor US-amerikanischen Sanktionen. Nun sollen die Gehälter an der Regierung vorbei direkt auf die Konten der Bediensteten überwiesen werden.

Die Autonomiebehörde ist der größte Arbeitgeber in den Palästinensergebieten. Ihre Kassen sind leer, seit Israel die monatlichen Zahlungen der palästinensischen Zoll- und Steuergelder einstellte und die westlichen Spendernationen die erst vor wenigen Wochen vereidigte Regierung der islamistischen Hamas boykottieren. Die Gehälter von mindestens 140.000 palästinensischen Beamten, die insgesamt rund eine Million Menschen versorgen, blieben aus. Viele Menschen mussten seither Wertgegenstände verkaufen, um ihre Familien ernähren zu können.

Die Sorge vor der zunehmenden Armut und in der Folge möglicher neuer Gewaltausbrüche veranlasste in der vergangenen Woche den französischen Präsidenten Jacques Chirac zu der Überlegung, einen Fonds bei der Weltbank einzurichten, um die Gehälter zu finanzieren. Die EU hatte, ähnlich wie die USA, eine Fortsetzung ihrer finanziellen Aufbauhilfe für die Palästinenser an Bedingungen geknüpft, darunter das Ende der Gewalt und die Anerkennung Israels. Die Entscheidung, die Zahlungen vorläufig einzustellen, zeigt ein Dilemma auf. Einerseits soll die Regierung, die zur Zerstörung des Judenstaates aufruft, nicht finanziert werden, zum anderen soll aber auch eine humanitäre Krise verhindert werden. Der Vorschlag Chiracs stieß bei Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der vergangene Woche in Paris vor „einer Katastrophe“ warnte, auf große Zustimmung.

Die Hamas-Regierung zeigte Bereitschaft, „jede Maßnahme, die die Aufrechterhaltung der Regierung, die Fortzahlung der Gelder und Hilfe für das palästinensische Volk garantiert“, in Erwägung zu ziehen, so Premierminister Ismail Hanijeh. Auch in Israel stieß der französische Vorschlag auf bedingte Zustimmung. „Es ist klar, dass das palästinensische Volk nicht für die Kurzsichtigkeit, die Dickköpfigkeit und den Extremismus der Regierung bestraft werden darf“, kommentierte Regierungssprecher Mark Regew.

Ungeachtet der neuen Vorschläge beendete James Wolfensohn, der Sondergesandte des Nahost-Quartetts, seine Mission in den Palästinensergebieten. Der ehemalige Weltbankchef hatte sich auf die ökonomische Entwicklung nach dem israelischen Abzug aus dem Gaza-Streifen konzentriert. Hauptgrund für seinen Abschied sei der Wahlsieg der Hamas, „einer palästinensischen Gruppe, die die Zerstörung ihres Nachbarn verfolgt“, sagte er. US-Außenministerin Condoleezza Rice äußerte die Hoffnung, dass die Hamas die US-Bedingungen doch noch akzeptieren und sich in den Friedensprozess mit Israel eingliedern werde. SUSANNE KNAUL