KAMPFHUNDTUMULT
: Für Berlin reicht’s

Beide zerrten an den kurzen, straffen Leinen

Ich war mit C. im Babylon-Kino und wir sahen, wie die Welt gerettet wurde. Als das zweite Mal der todkranke Timmy gezeigt wurde, flüsterte C.: „Mit kranken Kindern kriegst du jeden!“

Als dann endlich Matt Damon den Boden für Gerechtigkeit für jeden Menschen bereitet hatte und ein Klavier tropfte, sagte ich leise zu C.: „Ich weiß, dass das alles Mist ist, aber ich habe Gänsehaut“. – „Ich auch“, sagte sie leise.

Vor dem Kino hielt eine Autokolonnen-Hochzeitsgesellschaft an einer roten Ampel und hupte. Aus dem ersten Wagen sahen wir die Oberkörper von drei Männern, einer hielt eine Kamera, ein anderer ein Mikrofon, der dritte wedelte mit einer türkischen Fahne. Zwei junge Männer in engen Jeans und mit Vollbärten, aus Posemuckel oder Spanien oder so, fotografierten die Ampelphase. Einer der beiden sagte zum anderen, dass er das voll abgefahren fände, also doch Posemuckel, und dann schaltete die Ampel auf Grün.

Wir stiegen auf die Räder. C. ist mit ihrem vor Kurzem über eine neue, noch nicht getrocknete Asphaltpiste gefahren und hat nun, wenn sie fährt, einen akustischen Rhythmus, der gewöhnungsbedürftig ist. Der Dynamo meines Rads, der nur noch alle fünf Meter auf den Reifen trifft, passt ganz gut dazu. „In die Welt sollten Sie damit nicht mehr“, wie der Fahrradhändler sagte, „aber für Berlin reicht’s!“

Kurz vor der übernächsten Kreuzung fuhren wir dann auf einen Tumult zu. Ein schwarzer Kampfhund von der Statur einer Waschmaschine hatte sich in die Schnauze eines anderen Kampfhundes verbissen. Beide zerrten an den kurzen, straffen Leinen. Einer der Männer schrie aufgeregt, der andere Eigentümer schlug seinem Tier immer wieder mit der flachen Hand auf den Kopf. Ein Kreis Smartphones filmte das Geschehen.

Vielleicht kriegt man auch mit kranken Kindern ja doch nicht mehr jeden. BJÖRN KUHLIGK