Offenheit kompliziert

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) jetzt doch gegen Datenbrief

BERLIN taz | Der sogenannte Datenbrief hat eine wichtige Fürsprecherin verloren. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zweifelt nun offenbar an der Praxistauglichkeit des Konzepts. Noch vor zwei Monaten galt sie als Befürworterin der von Datenschützern geforderten jährlichen Informationspflicht für Unternehmen.

„Die Realisierung des Datenbriefes würde zu Problemen führen, die man damit eigentlich vermeiden wollte“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger gestern bei einer Podiumsdiskussion auf dem 11. Datenschutzkongress in Berlin. Obwohl der Vorschlag zu mehr Transparenz führen würde und „eigentlich eine gute Idee“ sei, müssten die praktischen Konsequenzen beachtet werden.

Die Justizministerin äußerte sich auch zu der Frage, wer für einen solchen Überblick über persönliche Daten zuständig sein könnte. Eine zentrale Speicherung bei einer staatliche Stelle lehnte Leutheusser-Schnarrenberger klar ab: „Das wäre Belastung und Bürokratie – und auch keine Transparenz.“

Noch Anfang März hatte die FDP-Ministerin der Süddeutschen Zeitung gesagt, sie sei für die Idee eines Datenbriefs offen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte einen entsprechenden Vorschlag des Chaos Computer Clubs damals als „prüfenswert“ bezeichnet. Auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) begrüßten die Idee.

Der Datenbrief soll jedem Bürger einmal pro Jahr sämtliche persönlichen Daten auflisten, die bei deutschen Wirtschaftsunternehmen über ihn gespeichert sind. Auf diese Weise soll er es Bürgern erlauben, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wirksamer auszuüben. Damit würde ein wichtiges Ziel von Datenschützern erreicht werden: eine Erhöhung der Transparenz.

Unterstützt wird die Idee eines jährlichen Datenbriefs nicht nur von zahlreichen Bürgerrechtlern und Datenschützern wie dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen sprach sich für ein solches Modell aus. Die Piratenpartei diskutierte in den vergangenen Monaten sogar darüber, die Forderung nach einem Datenbrief in ihr Parteiprogramm aufzunehmen. THOMAS SCHMID