OSZE prangert Muslimtest an

Botschafter kritisiert bei Deutschlandbesuch Umgang mit Muslimen und Einwanderern

BERLIN taz ■ Es ist kein Zufall, dass Ömür Orhun gerade jetzt Deutschland besucht hat – der OSZE-Beauftragte für die Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung von Muslimen wollte sich persönlich gegen den Einbürgerungsleitfaden in Baden-Württemberg aussprechen.

Die Kritik der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an dem umstrittenen Test war zuvor bei der deutschen Seite unkommentiert verhallt. Daraufhin habe er die Terminfindung für einen ohnehin geplanten Deutschlandbesuch „beschleunigt“, sagte Orhun. Vorgestern sprach er persönlich in Stuttgart bei Innenminister Heribert Rech (CDU) vor – in vier Monaten soll dort der Entwurf überarbeitet werden.

„Jeder Staat darf Einwanderern verfassungsrechtliche Fragen stellen. Es ist jedoch ein Verstoß gegen die Menschenrechte, jemanden nach seinen persönlichen Überzeugungen zu befragen“, sagte Orhun gestern nach seinem dreitägigen Deutschlandbesuch. Der OSZE-Beauftragte schlägt einen bundesweit einheitlichen Einbürgerungstest vor.

Orhun missbilligte des weiteren den Umgang mit Muslimen in Deutschland insgesamt. In der Öffentlichkeit würden Beispiele von missglückter Integration übertrieben. Die Probleme habe er vor allem bei seiner gestrigen Visite im Berliner Bezirk Neukölln gesehen. „Neukölln könnte als Labor dienen, die Probleme der Migration zu erforschen und anzugehen“, sagte er. Dort zeige sich, dass es vor allem Schwierigkeiten bei der Integration von Familien aus ländlichen Regionen gibt, die eng zusammenleben und kein Deutsch Sprechen. Andererseits habe die Politik zu lange geleugnet, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Orhun erhofft sich von dem angekündigten Integrationsgipfel, dass die Regierung eine aktivere Rolle bei Einwanderungsfragen einnimmt. SAT