Unter Piraten-Verdacht

SCHIFFSENTFÜHRUNG

In Osnabrück ermitteln die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt gegen einen mutmaßlichen Piraten, der im Seegebiet am Horn von Afrika an einer Schiffsentführung beteiligt gewesen sein soll. Die Ermittlungsbehörden wollen dem in U-Haft sitzenden Somalier erpresserischen Menschenraub und gefährliche Körperverletzung nachweisen.

Die Zeit für die Anklageerhebung und den Beginn des Prozesses vor dem Landgericht Osnabrück drängt, denn in rund vier Wochen steht ein Haftprüfungstermin für den Mann an. Der etwa 40-Jährige streitet alle Vorwürfe ab – er sei nur der Frisör der Piraten gewesen, erklärt sein Anwalt Jens Meggers der taz.

Hintergrund der Ermittlungen ist die Entführung des Chemietankers „Marida Marguerite“ einer Reederei aus Haren im Emsland im Jahr 2010. Erst nach acht Monaten und einer Lösegeldzahlung von 4,2 Millionen Euro ließen die Piraten die 22 Besatzungsmitglieder des Tankers frei. Die Seeleute seien „in grausigster Art und Weise“ durch Scheinhinrichtungen oder das Abklemmen der Hoden mit Kabelbindern gequält worden, sagt Staatsanwalt Alexander Retemeyer.

An Bord fand das LKA Niedersachsen die Fingerabdrücke des Beschuldigten. Laut Meggers allerdings nicht auf Kamm oder Fön, sondern auf einem Notizbuch, in dem Namen von Piraten und Beträge aufgelistet waren. Zum Fundort der Spuren äußerte sich die Staatsanwaltschaft zwar nicht, sagt aber, dass der Somalier vermutlich der „Buchhalter“ der Piraten sei. Dem widerspricht Meggers. Sein Mandant habe lediglich einige Daten in das Buch eingetragen.

Die Staatsanwaltschaft ließ zwei ehemalige Besatzungsmitglieder der „Marida Marguerite“ für eine richterliche Vernehmung aus Indien einfliegen. Laut Meggers identifizierten diese den Somalier zwar, erkannten in ihm aber weder Buchhalter noch Frisör. „Sie behaupten, er wäre einer der schlimmsten Piraten auf dem Schiff gewesen.“  REA