Nepal – schön und arm

Das einzige Hindukönigreich der Welt gilt vielen ob seiner Vielfalt als Wunderland. Die Politik des Staates aber ist weniger glücklich

KATHMANDU taz ■ Die derzeitigen Demonstrationen dort werfen Licht auf ein Land, das vielen kaum bekannt ist:

Nepal liegt zwischen Tibet und China im Norden und Indien im Süden. Das Land am Fuße des Himalaja hat acht Achttausender, darunter den mit 8.850 Metern höchsten Berg der Erde, den Mount Everest. Vielen gilt Nepal wegen seiner großen geografischen Vielfalt als Wunderland. Ein ethnischer Schmelztiegel ist es in jedem Fall. Die 25 Millionen Einwohner sprechen mehr als 60 Sprachen. Kathmandu, die in einem immergrünen, fruchtbaren Tal gelegene Hauptstadt liegt südlicher als Kairo oder Delhi – und kennt keinen Frost.

Hier gibt es Fünfsternehotels wie das Hyatt und einfache Gästehäuser im Touristenviertel Thamel. Tourismus ist neben Entwicklungshilfe einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Ziel der jährlich 375.000 Besucher, davon etwa 25.000 aus Deutschland, ist in der Regel eine längere Trekking-Tour im Annapurna- oder Mount-Everest-Nationalpark. Für Bergsteiger ist es ein Shangri La, weltweit gibt es nichts vergleichbar Schönes. Das Land gilt jedoch als eines der ärmsten der Welt. Der Ort Lumbhini im Süden ist Geburtsort Buddhas. Die große Mehrheit der Bevölkerung sind allerdings Hindus. Nepal ist das einzige Hindukönigreich der Erde.

Bis 1949 war Nepal nahezu völlig von der Außenwelt abgeschlossen. Nach dem Tod seines Vaters bestieg 1955 König Mahendra den Thron der konstitutionellen Monarchie. Nach dem zehnten Regierungswechsel in neun Jahren rief er 1960 den Notstand aus und löste das Parlament auf. Zwei Jahre später trat eine neue Verfassung in Kraft, die ihn zum alleinigen Herrscher machte.

Deutliche Parallelen gibt es zur heutigen Lage: Der vom Volk ungeliebte derzeitige König, Gyanendra, riss im Februar 2005 die Macht an sich, nachdem verschiedene Regierungen im Korruptionssumpf versackt und bei der Lösung des Konflikts mit einer erstarkenden Rebellenbewegung gescheitert waren. Im aktuellen Konflikt erklärten die Rebellen eine Waffenruhe für das Kathmandutal. Sie schlossen sich mit einer starken Allianz aus sieben Oppositionsparteien zusammen. Sie schaffte es, den König mit mehreren Millionen friedlicher Demonstranten im ganzen Land, in die Knie zu zwingen. Immerhin scheint er jetzt bereit, die Macht mit den Parteien zu teilen. ROLF SCHMELZER