Chef der Rechtsradikalen muss im Gefängnis bleiben

GRIECHENLAND Haftrichter sieht bei Nikolaos Michaloliakos Flucht- oder Wiederholungsgefahr

ATHEN taz | Am Donnerstag um fünf Uhr morgens war es so weit: Der Neonazi-Chef Nikolaos Michaloliakos, dem die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird, verließ das Büro das Haftrichters und wurde in Handschellen ins Athener Polizeipräsidium abgeführt, um seine Untersuchungshaft anzutreten. Anders als bei vielen seiner Parteigenossen war der Richter nach einem sechsstündigen Verhör offenbar der Auffassung, dass bei Michaloliakos eine Flucht- oder Wiederholungsgefahr bestehe.

Zahlreiche Parteianhänger, die bis in die frühen Morgenstunden vor dem Gerichtsgebäude ausharrten, jubelten dem Parteichef zu und skandierten Parolen wie „Blut, Ehre, Goldene Morgenröte!“ Insgeheim hofften sie wohl darauf, dass Michaloliakos unter Auflagen vorläufig freikäme – wie zuvor drei seiner Mitangeklagten – unter ihnen Parteisprecher Ilias Kassidiaris. Dass ausgerechnet der Chef in Haft bleibt, sei „eine absurde Entscheidung“, erklärte Kassidiaris.

Auslöser für das harte Durchgreifen gegen die Rechtsextremen war der Mord an einem Hip-Hop-Musiker in der Arbeitervorstadt Keratsini am 18. September. Der mutmaßliche Täter wurde auf frischer Tat ertappt und gab sich als Mitglied der Goldenen Morgenröte (Chrysi Avgi) aus.

Politik und Medien nahmen die Entscheidung zur Haft von Michaloliakos mit Genugtuung auf. „Korydallos-Straße für den Chef“ titelte, halb auf Griechisch, halb auf Deutsch die Zeitung Ethnos – ein Wortspiel mit dem Ort Korydallos, wo das größte Gefängnis Griechenlands steht.

Für den Politexperten Tasos Pappas brechen die Verteidigungslinien der Goldenen Morgenröte nun zusammen: „Ursprünglich erzählten uns die Rechtsextremen, sie hätten mit dem Mord nichts zu tun. Dann hieß es, der Täter sei doch kein Mitglied der Goldenen Morgenröte oder er habe keinen Auftrag zum Mord bekommen. Nun reden sie von einer Verschwörung“, sagte Pappas im TV-Sender Skai.

Für Donnerstagabend war die Vernehmung des Fraktionssprechers Christos Pappas angesetzt, der laut Anklage als Vizechef einer kriminellen Vereinigung fungiert. Bei seiner Ankunft im Polizeipräsidium kündigte der bekennende Hitler-Anhänger an, die Goldene Morgenröte werde bei der nächsten Wahl antreten. JANNIS PAPADIMITRIOU