Zensuren werden nicht verteilt

SPEEDNETWORKING Das tazlab ist keine deutsche Hochdruckuniversität, sondern Ort von Debatte und Kontakt. Gefeiert wird der 31. taz-Geburtstag

■ Wir haben nur einen Tag für das tazlab, und den nutzen wir: Um 9 Uhr wird der Kongress eröffnet, ab 9.15 Uhr laufen in fünf parallelen Strängen die Veranstaltungen: Bachelor und Master – wie weiter?, wie man Unis gerecht finanziert, was Bildung eigentlich heißen muss.

■ Blogger Basti Hirsch spricht über Uni 2.0, Anne Grabs aus Österreich über die Bedingungen für einen erfolgreichen Unistreik.

■ Im Gebäude läuft auch eine Ausstellung von Hamburger Flugblättern aus vier Jahrzehnten Studigeschichte.

■ Ab 14 Uhr geht es dann um die Leibeigenen im Forschungsbetrieb, ob man Unis wie Unternehmen führen kann, wie es anderswo in der Welt mit dem Studium läuft.

■ Als krönenden Abschluss dann um 18 Uhr Ute Frevert zur Bildung von morgen und ab 19 Uhr ein Talk mit Bundesbildungsministerin Annette Schavan.

■ Kunst und Feiern sind natürlich auch im Spiel: taz-Zeichner ©TOM signiert schlechte Zeugnisse, Academy Slam sorgt für Poesie, Wahrheitautoren lesen aus ihren schauerlichen Uniarbeiten und Disco bis in die Puppen.

VON JAN FEDDERSEN

Um nichts wurde in den vergangenen zehn Jahren in der Bundesrepublik so sehr gestritten wie um das Thema „Wie geht’s weiter mit der Bildung?“. Insgeheim verbarg sich dahinter stets die bizarre Unterstellung, Deutschland sei ohne smarte, besonders früh examinierte Menschen nicht in der Lage, eine Zukunft zu haben. Auch das tazlab widmet sich dieser Frage, wenn auch auf taz-typische, alternative Weise: „Welche Universitäten wollen wir?“ Wirklich nur Lernfabriken, in denen sich zu bewegen einem Einzelnen so leicht- oder schwerfällt wie der Gang durch undurchlässiges Gestrüpp. Bildung, so lernten wir, muss optimiert werden.

Möglicherweise ist eine andere Wahrheit ebenso gültig: Wer studiert, wer lernt, kann nicht allein dies tun – studieren, lernen. Wer sich einer Ausbildung widmet, einer akademischen zumal, ist, aus der Perspektive von Alten, gerade der Kindheit entronnen und soll sich nun qualifizieren für das Erwachsenenleben. Dass das nicht nur Aspekte des modularen Lernens kennt, weiß jeder. Dass man also Zeit braucht, sich noch in anderen Disziplinen einzuüben, Zeit für das Leben jenseits von Qualifikationsnot, Scheinen, Zertifikaten und Abschlüssen, ist sonnenklar, oder?

Insofern mogelt der Stundenplan des tazlab – der ja schon um 9 Uhr morgens die erste Lektion bereithält und erst gegen 19 Uhr am Abend endet – etwas vor: dass da ein mächtiger Lernparcours zu absolvieren ist, wofür am Ende eine Art Bescheinigung ausgehändigt wird. Das ist, natürlich, Unfug. Wer zuhört und mitdiskutiert, soll dies freiwillig tun – und wer einfach mal zwischen zwei Veranstaltungsblöcken eine Pause am direkt daneben gelegenen Ufer der Spree machen will, möge das nicht nur tun, sondern soll es auch.

„Speednetworking“ hat ein umsichtiger Stundenplaner die Mittagspause im Café Global des Haus der Kulturen der Welt genannt: Dort mögen sich alle einfinden, die miteinander ein wenig geplanter als lediglich zufallsbedingt und spontan in Kontakt treten wollen. Professoren, Studierende, Bildungsarbeitende, Verlage und PolitikerInnen.

Wir wünschen uns, dass das tazlab als ein Forum der Möglichkeiten wahrgenommen werden wird. Als Versammlung von Menschen, die interessiert sind an dem Thema – ohne sich verspannen zu müssen: Die Lust am Lernen hat keinen Zweck, wenn ihr gleich die Pflicht zum Lernen eingebaut ist. So möge es nicht sein. Wir wünschen Ihnen und uns beim ersten tazlab zum 31. Geburtstag viel Vergnügen und Lust an der Debatte.