CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI
: Sympathy for the banker

Sich zu übernehmen, das gehörte vor der Krise in Finanzkreisen ja quasi zum guten Ton. Banker Marc Simon (Stephan Kampwirth) tat das gleich in zweifacher Weise: Durch Aktienspekulationen verschuldete er sich mit einem knapp siebenstelligen Betrag, privat führte der Multitasker gleich zwei Parallelbeziehungen mit jeweils einem Kind.

Jetzt liegt seine Erstfrau samt Tochter erschossen im teuren Eigenheimbungalow. Kann es sein, dass eine ausländische Verbrecherbande dem verzweifelten Banker Geld geliehen hat und mit dem Doppelmord ein unmissverständliches Zeichen setzen wollte?

Dann würden auch Zweitfrau Cornelia König (Lisa Martinek) und ihr Sohn in Lebensgefahr schweben. Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) sind bald zwischen den beiden Aufgaben aufgerieben, den untergetauchten Simon dingfest zu machen und zugleich dessen Verbindungen zur kalabrischen Mafia nachzuspüren.

Dieser „Tatort“ will viel – und erreicht alles: Vom dysfunktionalen sozialen Umfeld des Bankers wird hier gekonnt der Bogen zur ehrenwerten Familie geschlagen, von legalen Spekulationsspielchen geht es sinnträchtig zum organisierten Verbrechen. Martin Eigler („Solo für Schwarz“) ist eben der große Stilist und Detailarbeiter unter den Krimiregisseuren; hier gelingt es ihm nun, dem bis vor Kurzem lediglich gewollt modern daherkommenden Stuttgarter „Tatort“ ein zeitgemäßes Update zukommen zu lassen.

Eiglers Erfolgsrezept für diesen Ausnahme-„Tatort“ liegt darin, präzise Polizeiarbeit und genaue Mafia-Recherche mit einem gewagten, aber glaubhaften Familien- und Finanzmelodram zu verbinden. Wie der angeschlagene Banker hier um seine Restwürde und seine Restfamilie gleichermaßen kämpft, ist frei von jeder zynischen Attitüde Auch ein kleines Kunststück: Wann haben wir das letzte Mal mit einem Banker mitgelitten?

Stuttgart-„Tatort“: „Blutgeld“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD