„Er schmeckt säuerlich-süß“

APFELSORTEN Die europäische Apfeltagung „Europom“ kommt nach Hamburg. Organisator Ulrich Kubina über grüne Äpfel und Importe aus Neuseeland

■ 62, betreut beruflich Projekte zum Klimaschutz und ist Mitglied beim Pomologen-Verein. Er ist Projektleiter der Europom 2013.

INTERVIEW KRISTINA APPEL

taz: Herr Kubina, welche Farbe hat der „Apfel des Jahres 2013“?

Ulrich Kubina: Gelb-Rot! Es ist der Knebusch. Zu ihm gibt es eine schöne Geschichte, nach der der Apfelbauer Knebusch einen Reis, also einen Zweig des Apfelbaums, aus den USA in sein Heimatdorf Sittensen mitbrachte, als Geschenk an seine Tochter. Die Tochter soll den Apfel nach ihm benannt haben.

Womit hat er den Titel „Apfel des Jahres 2013“ verdient?

Wir wählen im Rahmen der Norddeutschen Apfeltage jedes Jahr einen Apfel des Jahres. Der Knebusch stammt von hier, südlich der Elbe, und er wird jetzt gerade reif. Er schmeckt säuerlich-süß. Sie können ihn kommendes Wochenende bei den Apfeltagen direkt probieren.

Was kann man bei den Apfeltagen über den Apfel lernen?

Am Freitag findet im Rahmen der Europom 2013 eine Tagung statt. Hierzu kommen vor allem Pomologen und Obstbauern. Auch beim Apfelfest am Samstag und Sonntag gibt es noch Vorträge, zum Beispiel über den Apfel und Gesundheit. Oder zum Thema Bienen, die ja zum Erhalt der Obstsorten unbedingt notwendig sind.

Pomologe, ist das ein Hobby oder ein Beruf?

Oh, manche machen es zum Beruf! Die Pomologie ist die Lehre vom Obst. Der Pomologe ist also Obstkundler. Das Wissen beruht allerdings nicht auf einer klassischen Ausbildung, sondern auf Erfahrung. Es geht um die Bestimmung von Äpfeln und die Untersuchung von Merkmalen, wie Farbe, Geruch, Geschmack und Kerne. Pomologen beschäftigen sich aber auch mit Obstbaumschnitt und der Vermarktung von Obst. Die Europom, das Europäische Apfelfestival, bietet eine Plattform zum Austausch von Pomologen.

Die Europom verschreibt sich der Rettung alter Obstsorten. Was macht die traditionellen Sorten besser als die neuen?

Die sind nicht besser, sie sind anders! Obst ist Kulturgut, da stecken jahrelange Züchtung und Selektierung dahinter. Globale Sorten, die kommerziell angebaut werden, im sogenannten Erwerbsanbau, sind weltweit und ganzjährig verfügbar. Die kommen aus Argentinien oder Neuseeland.

Wo liegt der Unterschied?

Unsere eigenen Sorten sind vielfältiger, die Aromen sind anders. Der Augustapfel ist im Geschmack wässrig, aber ergibt dafür sehr guten Wein. Dann gibt es Lagersorten, die ihren Geschmack erst nach dem Pflücken entfalten.

Sind die regionalen Sorten auch besser für den Umweltschutz?

Ja, natürlich geht es dabei auch um Komponenten wie regionale Produkte, verminderte Transportkosten und geringere Umweltbelastung.

Sollte es Erwerbsobstanbau besser gar nicht geben?

Ich bin kein Fundamentalist, was das angeht. Erwerbsobst hat seine Berechtigung und das Jahr über definitiv seine Nische. Die alten Sorten sind weniger verfügbar! Sie könnten die Nachfrage nicht decken. Unsere heimischen Sorten sind sozusagen Premiumsorten.

Warum müssen Sie mit einem Festival über Äpfel informieren? Wollen Sie den Verbraucher ermuntern, Obst zu essen?

Nein, der Pro-Kopf-Verzehr der Deutschen liegt irgendwo bei 23 Kilo. Dem Verbraucher muss ich den Apfel nicht näherbringen. Aktuell ist da eher das Thema Apfelallergie. Die tritt bei immer mehr Menschen auf. Auch hierzu gibt es Samstag einen Vortrag.

Wer soll also kommen?

Die Europom ist ein Plattform zum Austausch über alte Obstsorten. Wir haben Pomologen aus 14 Ländern zu Gast. Die letzten Jahre fand das Festival in anderen nordeuropäischen Ländern statt, wie in Frankreich oder vergangenes Jahr in Österreich.

In der Welt der Pomologen – hat Grün noch eine Zukunft?

Es gibt durchaus sehr gute grüne Äpfel. Der Zitronenapfel, zum Beispiel, ergibt hervorragenden Saft. Aber rote Äpfel werden doch häufig bevorzugt. Es gibt sogar einen Apfel, der bis ins Fruchtfleisch rot gefärbt ist. Sein Apfelsaft ist rosafarben. Die Vielfalt ist riesig.

Europom-Tagung: Freitag, 4. Oktober, Carl-von-Linné-Hörsaal, Biozentrum der Uni Hamburg, Botanischer Garten (Loki-Schmidt-Garten) Apfelfest: 4. bis 6. Oktober, Loki-Schmidt-Garten