Sonst kommt es auf den Müll

Was passiert eigentlich mit alten Handys? Eine Firma aus Solingen hat sich darauf spezialisiert, Gebrauchtgeräte nach Afrika weiter zu verkaufen. Das sei nicht nur ein gutes Geschäft, sondern auch ökologisch sinnvoll, sagt der Geschäftsführer

VON LUTZ DEBUS

Die Deutsche Umwelthilfe macht gemeinsame Sache mit T-Mobile. Die Öko-Organisation und das Telekom-Unternehmen möchten die Millionen von Althandys, die in deutschen Schubladen schlummern, fachgerecht entsorgen. Für jedes eingesammelte Handy, das in eine spezielle Versandtasche eingetütet und in einen Briefkasten gesteckt wird, gehen 5 Euro Spende vom Mobilfunker zur Umwelthilfe, so die Vereinbarung. Im Gegenzug macht die Umwelthilfe und in deren Kielwasser andere Ökogruppen, Verbraucherberatungsstellen und Kommunen Werbung für diese Art der Entsorgung. Aber wohin gehen all die Altgeräte?

Einen Exklusivvertrag mit T-Mobile hat die Firma „Europa Trading Recycling Services GmbH“ in Solingen abgeschlossen. Ob und wie viel die Firma für ein altes Handy bezahlen muss, darüber macht Geschäftsführer Jörg Wupper keine Angaben. Auch über Umsatz und Gewinn dieser Geschäftssparte seines Unternehmens schweigt er sich aus. Lieber erklärt er die Philosophie der Firma Europatrading: „Das beste Recycling ist schlechter als eine Weiterverwendung.“ An der Wand hängt eine Weltkarte. An einem Clipchart ist eine Grafik angebracht. Lange Listen von Ländern, nach Regionen und Kontinenten sortiert. Afrika, GUS-Staaten, Asien. In einem Regal sind Telefone aus 5 Jahrzehnten zu bestaunen.

Angefangen habe man vor 15 Jahren mit ausrangierten Apparaten der Deutschen Bundespost, erzählt Wupper. In afrikanischen Ländern habe man den Geschäftsleuten aus Solingen die alten Geräte für das Festnetz förmlich aus der Hand gerissen. Bei den Handy läuft es seit einiger Zeit ähnlich. Etwa 70 Millionen Mobiltelefone sind zur Zeit in Deutschland in Betrieb. Alle zwei Jahre kann das alte durch ein neues ersetzt werden. Inzwischen gibt es auf dem europäischen Markt so viele alte Handys, dass sie hier nicht mehr zu verkaufen seien, sagt Wupper. „Ein enormer Müllberg kommt da auf uns zu“, warnt er. In den Geräten befinden sich umwelt- und gesundheitsgefährdende Stoffe wie Schwermetalle oder Brom.

Aber in den außereuropäischen Ländern, so Wupper, sei die Nachfrage nach Mobiltelefonen groß. Die enormen Entfernungen in Afrika und Asien könnten gar nicht effizient mit einem Festnetz abgedeckt werden. Schnell lasse sich aber ein Blechcontainer mit einem Funkmast aufstellen. Das Mobilnetz wurde so in den vergangenen Jahren weltweit recht zügig ausgebaut. Nur fehle es der Bevölkerung in Afrika und Asien an erschwinglichen Endgeräten.

Ob es nicht Analogien gäbe zu den Altkleidersammlungen für Afrika in den 70er Jahren? Damals wurde die Öffentlichkeit von Fotos geschockt, auf denen afrikanische Frauen zu sehen waren, die rosafarbene BH‘s als Oberbekleidung trugen. Nein, den Vorwurf, hier werde westlicher Lebensstil unreflektiert exportiert, mag Wupper nicht gelten lassen. „Die Metropolen in Afrika und Asien sind sehr viel europäischer als man sich das hier vorstellt.“ Es stelle sich für den Konsumenten in ärmeren Ländern nur die Frage, ob man ein billiges, neues Gerät „Made in China“ oder ein preisgünstiges, quasi neuwertiges Gerät aus Deutschland kaufe.

Die Kooperation mit T-Mobile und der Deutschen Umwelthilfe macht übrigens nur einen Bruchteil der Aktivitäten von „Europa Trading“ aus. „Alles, was einen Stecker hat, kaufen wir“, sagt Jörg Wupper. Er meint Restposten, Umtauschartikel und Mangelware aller Art im Bereich Unterhaltungselektronik. Mit dem Otto-Versand, der Teleshopping-Firma QVC, mit Daewoo Electronics und vielen anderen Herstellern arbeite man seit Jahren erfolgreich zusammen. In Solingen wird die Ware ausgepackt, getestet, gegebenenfalls repariert und dann, mit neuer Verpackung und einer der Landessprache entsprechenden Bedienungsanleitung versehen, außerhalb von Europa verkauft. Natürlich sei manche Retour auch nicht mehr zu gebrauchen. Die Reinigung eines mit Schimmel gefüllten Brotbackgerätes wollte man den Mitarbeiterinnen doch nicht zumuten.

Geschäftsgründer Cetin Ay zeigt stolz seine Lagerhallen. Arbeiterinnen in blauen Kitteln und mit Kopftüchern sortieren gerade fabrikneue Telefone nach Hersteller und Typ. In einem Nebenraum wartet ein mehrere Meter breiter Flachbildschirm auf einen neuen außereuropäischen Besitzer. Ein paar Tage sei das Gerät während einer Messe gelaufen. Es sei rechtlich nicht möglich, den Riesenmonitor hier zu verkaufen. „Ohne uns käme das schöne Stück auf den Müll“, gibt sich Cetin Ay empört. Durch die Geschäftstätigkeit seiner Firma lasse sich eben viel Müll vermeiden. Auf ein Stichwort reagiert der freundliche Geschäftsmann jedoch empört. „Rudis Resterampe für Ruanda“ mag er nicht gern hören.