Das große Warten hat begonnen

GSW Sieben SPD-Abgeordnete sind so überzeugte Gegner des Börsengangs, dass sie angeblich sogar daran denken, den Fraktionszwang zu brechen

Der komplette Börsengang des ehemals landeseigenen Wohnungsunternehmens GSW ist weiter offen. Nach taz-Informationen denken sieben SPD-Abgeordnete darüber nach, in der Sondersitzung des Abgeordnetenhauses am kommenden Montag nicht mit ihrer Fraktion zu stimmen. Die hatte bei ihrer Sitzung am Dienstag zwar mehrheitlich den Börsengang unterstützt. Die rot-rote Koalition aber hat im Parlament schon dann keine eigene Mehrheit mehr, sobald ihr auch nur zwei Stimmen aus dem eigenen Lager fehlen. Bislang hat neben der Linkspartei nur die FDP Zustimmung angekündigt.

Auf die Liberalen aber will die SPD-Fraktionsspitze nicht angewiesen sein: Wenn fest mit Abweichlern zu rechnen ist, soll die Fraktion dem Börsengang im Parlament geschlossen nicht zustimmen. Das hatte ihr parlamentarischer Geschäftsführer Christian Gaebler vorige Woche gegenüber der taz klar gemacht. Das aber wäre eine Blamage für den rot-roten Senat: Der hat dem Börsengang schon vor zwei Wochen zugestimmt.

So hat bei der Fraktionsführung das große Warten begonnen, wie sich jene 14 Abgeordneten verhalten werden, die fraktionsintern am Dienstag mit Nein votierten. Gründe der Ablehnung waren zum einen angeblich gefährdete Mieterrechte und Ängste der GSW-Mieter, zum anderen grundsätzliche Kritik am Börsengang. Laut Fraktionssprecher Thorsten Metter soll es keine Einzelgespräche geben, um die Kritiker auf Linie zu bringen. Das sei nicht nötig: „Ich gehe davon aus, dass Montag im Parlament alle zustimmen.“

Einer derjenigen, die den Börsengang ablehnten, ist der Spandauer Abgeordnete Daniel Buchholz, der dem Fraktionsvorstand angehört. „Wir werden das jetzt besprechen und rechtzeitig mitteilen, wie wir abstimmen“, äußerte er sich am Mittwoch. Als möglicher Entscheidungstermin gilt Freitag.

Hintergrund des Streits ist der Wille der GSW-Eigentümer – der Finanzinvestor Cerberus und die Investmentbank Goldman Sachs –, mit dem bis 2004 landeseigene Unternehmen an die Börse zu gehen. Gemäß dem damaligen Kaufvertrag aber gibt es dafür Einschränkungen: Für einen kompletten Börsengang ist bis 2014 die Zustimmung des Landes nötig. Ohne ein solches Okay könnten die GSW-Eigner binnen der nächsten vier Jahre nur 50 Prozent an die Börse bringen. Als Gegenleistung haben die Eigentümer nach Verhandlungen mit der Senatsverwaltung für Finanzen angeboten, dem Land 30 Millionen Euro zu zahlen, 100 weitere Millionen in die GSW zu investieren und den Hauptsitz des Unternehmens in Berlin zu lassen.

Einige Kritiker wie der bau- und wohnungspolitische Sprecher Michael Arndt oder der Haushaltsexperte Stefan Zackenfels sagten der taz, dass sie sich bei der Abstimmung im Abgeordnetenhaus der Fraktionsmehrheit anschließen würden. „Es gibt ein Fraktionsvotum, und da ist es guter parlamentarischer Brauch, dass man dem folgt“, sagte Zackenfels.

Andere aber wie der Spandauer Kreischef Raed Saleh verweisen auf ein anderes Votum: jenes des SPD-Landesvorstands, der am Montag einen Börsengang mit knapper Mehrheit ablehnte. Sieben der vierzehn Börsenganggegner in der Fraktion halten es sich angeblich offen, auch nächsten Montag im Abgeordnetenhaus mit Nein zu stimmen.

Dem Vernehmen nach übte die Fraktionsführung in der Sitzung am Dienstag starken Druck auf die Kritiker des Börsengangs aus. Indirekt soll die Spitze ihnen vorgehalten haben, die rot-rote Regierungsmehrheit zu gefährden und sogar Neuwahlen zu riskieren. Parlamentspräsident Walter Momper wird sinngemäß mit der Frage zitiert: „Wollt ihr euch in die Opposition manövrieren?“ STEFAN ALBERTI