Häng ab mit deinem Kandidaten

VIELFALT Expertentalks finden zunehmend im Netz statt – die beste Software kommt von Google

Es ist eine ungewöhnliche Uhrzeit für einen Wahlkampftalk. Am Dienstagvormittag um 10 Uhr steht Steffi Lemke, Bundesgeschäftsführerin der Grünen, ihren Gesprächspartnern Rede und Antwort. Sie spricht über den Wahlkampf ihrer Partei, die Grünen-Doppelspitze, die Chancen am Wahlabend – im virtuellen Raum: Lemke, der Moderator, ein Politikwissenschaftler und ein Journalist sitzen in ihren Büros oder Zuhause vor dem Rechner und diskutieren, kleine Kameras filmen sie dabei. Im Netz kann jeder live mitverfolgen, was Lemke auf die Fragen erwidert.

Die Wahlkampftalks sind ein Gemeinschaftsprojekt zwischen Google und zwei politischen Onlinemagazinen, Cicero-Online und politik-digital.de. Der Deal: Die Redaktionen greifen für die Gesprächsreihe auf den Googledienst Hangout zurück, mit dem die Live-Chats einfach zu produzieren sind. Dafür stellt Google die Sendungen auf einer eigenen Website zur Bundestagswahl ein und verbreitet sie so weiter. Für Christian Marx, Projektleiter für die Kooperation mit Google bei politik-digital.de, ist das eine gelungene Symbiose: „Durch die Integration des Videochat-Dienstes Hangout wird über die Plattform auch der direkte Dialog zwischen Bürgern und Kandidaten ermöglicht.“ Damit, so Marx, würden Interessierte nicht nur informiert, sondern zu politischer Partizipation animiert.

Die meisten Expertentalks hat bislang das Digitale Quartett durchgeführt – 45, seitdem Google im letzten Jahr die Software hierzulande freigab. Viele Zuschauer sind keine Nerds, sondern Normalos, die sich etwa für die Zukunft des Fernsehens interessieren. Damit ist Thomas Knüwer, der Gründer des Digitalen Quartetts, seinem Ziel recht nahe gekommen: Offen über Netzthemen zu sprechen. Dank Google: „Eine Alternative zu Hangouts gibt es nicht.“

Am kommenden Dienstag wird sich Julia Klöckner, stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, dem Wahlkampftalk stellen. Das Projektteam um Christian Marx hat dann quer durch die Parteien Kandidaten zu politischen Inhalten und Wahlkampfstrategien befragt. Ob sich die Zusammenarbeit mit Google nach der Wahl fortsetzt, ist noch offen. Das Onlinemagazin will auf jeden Fall weiter Expertenchats veranstalten. Denn parallel zu den Wahlkampftalks entstanden die Berliner Hinterhofgespräche, eine Hangout-Reihe zu netzpolitischen Themen. Zuletzt: Wie fremd sind sich Politik und Bürger? Wäre ja spannend, die Frage auch an die CDU-Frau Klöckner zu richten. RALF PAULI